Die fruhzeitige Diagnose erblicher Netzhaut- oder Sehbahnerkrankungen wird aufgrund unspezifischer Symptome, multipler klinischer Manifestationen und hoher genetischer Heterogenitat oft verzogert. Diese Arbeit stellt eine retrospektive Analyse von Befunden von 4021 Patienten mit erblichen Netzhaut- oder Sehbahnerkrankungen vor, die im Zeitraum von 1986 bis 2014 untersucht worden sind (davon 1171 mehrfach). Neben der klinischen Diagnostik wurde Elektrophysiologie (Ganzfeldelektroretinografie ERG, n = 2088, seit 1986; Elektrookulogramm EOG, n = 381, seit 1986; visuell evozierte Potenziale VEP, n = 595, seit 1986; multifokale Elektoretinografie mfERG, n = 819, seit 1998) oder nicht invasive retinale Bildgebung (Fundusautofluoreszenz FAF, n = 1784, seit 2002), Nah-Infrarot-Autofluoreszenz (NIA, n = 1091, seit 2006), Spectral-Domain-OCT (SD-OCT, n = 848, seit 2008), 3-Wellenlangen-MultiColor-spektrale-Reflexionsfotografie (MC, n = 366, seit 2013) ein- oder mehrmalig durchgefuhrt. Eine molekulargenetische Diagnostik erfolgte zwischen 2006 und 2014 bei 383 Patienten. Auf der Basis dieser Daten kann eine effiziente diagnostische Strategie wie folgt formuliert werden: 1. klinische Diagnostik mit Einschluss von erblichen Netzhaut- und Sehbahnerkrankungen in die Differenzialdiagnose bei Sehstorungen und Gesichtsfeldausfallen unklarer Genese, 2. nicht invasive retinale Bildgebung, 3. elektrophysiologische Funktionsdiagnostik, 4. molekulargenetische Diagnostik bei gezielter Verdachtsdiagnose, 5. spezialarztliche Betreuung, Therapie und Verlaufskontrolle. Die verfugbaren diagnostischen Moglichkeiten haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich erweitert. Hervorzuheben ist, dass sich die nicht invasive retinale Bildgebung zur primaren diagnostischen Masnahme entwickelt hat und eine gezielte und nach den modernsten Verfahren ausgerichtete molekulargenetische Diagnostik die Abklarung der genetischen Krankheitsursachen verbessert. Die empfohlene Diagnosestrategie verkurzt die Zeit zur Diagnosefindung fur die Betroffenen, ermoglicht eine fruhzeitige Beratung und Therapie und vermeidet unnotige diagnostische Masnahmen.