In seinen frühesten Experimenten mit Prismen (1665) hat der junge Newton die Kantenspektren entdeckt, die er in seiner Theorie des Lichts und der Farben (1672) unter den Tisch fallen ließ, weil er sie für ein zusammengesetztes Phänomen hielt; im Rahmen seiner Theorie ist das stringent. In Goethes Newtonkritik (1791; 1810) nehmen sie eine experimentelle Schlüsselrolle ein. Ihre Farben erscheinen dem menschlichen Auge wesentlich sauberer als Newtons Vollspektrum; das fällt besonders beim Gelb auf. Dies unbestreitbare phänomenologische Faktum hat Goethes Kritik an Newtons Theorie nicht genützt. Spielen die Farben der Kantenspektren vielleicht in der Malerei eine wichtige Rolle? Trotz Goethes Prominenz unter den Künstlern – Fehlanzeige in der Europäischen Malerei. Erstaunlicherweise tauchen die Kantenspektren in den Himmelsfarben bei Hokusai und Hiroshige auf (ab 1830). In Hokusais Holzschnitten wird der sonst weiße Himmel am oberen Bildrand regelmäßig durch das blau/türkise Kantenspektrum angedeutet (und zwar farblich und geometrisch akkurat); bei Hiroshige tritt zu diesem Farbenpaar oft noch das rot/gelbe Kantenspektrum hinzu (manchmal in akkuraten Farben, manchmal farblich verzerrt – aber geometrisch wiederum akkurat). Da Japan in der fraglichen Zeit von europäischer Kultur zwar nicht perfekt, aber doch stark abgeschottet war, müssen die Japaner die Kantenspektren neu entdeckt haben – mit künstlerischen Mitteln, nicht mit wissenschaftlichen; sie hatten seinerzeit keine Prismen, und die Kantenspektren zeigen sich nicht von allein in der freien Natur. Nötigten vielleicht die Pigmente zum Holzschnittdruck den Künstler dazu, mit Kantenspektren aufzuwarten? Diese Spur führt weiter – bis in die Berliner Alchemistenszene des frühen Achtzehnten Jahrhunderts: Dort wurde das Berliner Blau entdeckt, das die Japanischen Künstler trotz der starken Abschottung in großen Quantitäten einsetzten – ein magisches Pigment. In his earliest prismatic experiments (1665), the young Newton discovered the two border spectra (black-blue-turquoise/cyan-white; white-yellow-red-black). Newton chose to ignore them in his celebrated theory of light and colours (1672), as he took them to be derivative phenomena. In Goethe's Beyträge zur Optik (1791) and in his Farbenlehre (1808/10), they regained prominent attention. To the human eye, their colours appear much cleaner than the colours of Newton's spectra – particularly in the case of yellow and turquoise. This undeniable phenomenological fact, however, has not added strength to Goethe's attack on Newton's theory. Are, then, the border spectra perhaps prominent in the art of painting? Not in European art. But they make a surprise appearance in the art of Japanese ukiyo-e. Many of Hokusai's and Hiroshige's prints have skies with the colour sequence black-blue-turquoise-white, arranged in parallel stripes. I find this remarkable, for it is a combination of colours that exactly matches one of the two border spectra. With such a precise geometrical arrangement, it occurs only in quite specific prismatic experiments and not outside the lab. At that time, Japan was isolated from European influences. Were the border spectra discovered for a second time? That is one of the questions I want to raise in my paper. I will end the paper with a few remarks on the aesthetical effects of those colours in ukiyo-e woodblock prints. Not Reviewed