Zusammenfassung Hintergrund An der gesundheitlichen Versorgung beteiligte Versorgungsnetzwerke konnen als formale oder informelle Netzwerke in Erscheinung treten. Fur eine sektorenubergreifende, populationsbasierte Qualitatsmessung in informellen Versorgungsnetzwerken, die zudem Aussagen uber die Kosteneffektivitat der Versorgung von pflegebedurftigen Personen in der eigenen Hauslichkeit erlaubt, fehlt ein umfassender evidenzbasierter Uberblick zu geeigneten Qualitatsindikatoren, die sich auf Grundlage von GKV-Routinedaten abbilden lassen. Fragestellung Welche populationsbasierten Indikatoren der Versorgungsqualitat in formalen und informellen Versorgungsnetzwerken sind in der internationalen Literatur beschrieben? Welche dieser Indikatoren werden als Ergebnisparameter in gesundheitsokonomischen Evaluationen mit welchen methodischen Zugangen eingesetzt? Sekundar werden verwendete Bewertungssystematiken und methodische Festlegungen von Schwellenwerten, Validitat und Eignung einzelner Indikatoren fur die Vorhersage der Versorgungsqualitat sowie die Abbildbarkeit von Qualitatsindikatoren auf Basis von GKV-Routinedaten untersucht. Suchstrategie Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed, The Cochrane Library und NHS EED, CINAHL, GeroLit und EconLit im Mai 2017 und Juli 2018. Handsuche in den Literaturverzeichnissen sowie Sichtung der Projektdatenbank Versorgungsforschung Deutschland des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung e.V. Einschlusskriterien Quantitatives Design, in deutscher oder englischer Sprache. Jede Art eines formalen oder informellen Netzwerks, fur das die Mitglieder distinkt im Hinblick auf einzelne Leistungserbringer benannt sind und populationsbasierte Qualitatsindikatoren fur untersuchte Populationen von Erwachsenen (18 Jahre oder alter) beschrieben sind. Datenextraktion und Analyse Zwei Autorinnen (Cohens‘ Kappa = 0,64) sichteten Titel, Abstracts und Volltexte. Eine dritte Person wurde bei Unsicherheit bezuglich des Einschlusses von Studien hinzugezogen. Zur Bewertung der methodischen Gute kamen das AMSTAR-Instrument, das Chochrane Risk-of-Bias-Tool, die Newcastle-Ottawa-Skala (NOS), das Appraisal Tool for Cross-Sectional Studies (AXIS) sowie die Kriterien der Drummond-Checkliste zum Einsatz. Zentrale Ergebnisse Von 137 eingeschlossenen Studien untersuchten funf Studien informelle Netzwerke und nutzten Indikatoren fur Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz oder Ereignisse wie ambulant-sensitive Krankenhausfalle, die ebenso in formalen Netzwerken beschrieben werden. Von 14 gesundheitsokonomischen Evaluationen untersuchten funf Studien auch die Zusammenhange zwischen Kosten und Qualitat. Informationen zu Bewertungssystematiken und/oder der Festlegung von Schwellenwerten finden sich mehrheitlich nicht in den Studien. Obwohl die Reliabilitat und Validitat der in den Einzelstudien verwendeten Datengrundlage vielfach diskutiert wird, erfolgt eine Diskussion der Eignung der eingesetzten Indikatoren jedoch nur in knapp jeder vierten Studie. 121 Studien untersuchen Indikatoren, die sich in Ganze oder Teilen potentiell auf Basis von GKV-Routinedaten abbilden lassen und auf die Erkrankungen Arthrose, Asthma, chronische Schmerzen, COPD, Herz-Kreislauferkrankungen, Demenz, Diabetes mellitus, Osteoporose und auf psychische Gesundheit beziehen sowie die Versorgungsmerkmale ASK-Falle, angemessene medikamentose Versorgung alterer Menschen und Polypharmazie, Praventive Leistungen, Versorgungskontinuitat umfassen. Schlussfolgerung Diese systematische Ubersichtsarbeit identifizierte hauptsachlich in formalen Versorgungsnetzwerken eingesetzte Qualitatsindikatoren, die potentiell mit einem Spielraum der Erprobung und Weiterentwicklung fur die Messung der Versorgungsqualitat auch in informellen Netzwerke einsetzbar sein konnten. Der aufgezeigte Forschungsbedarf zu geeigneten Verfahren der Messung des Zusammenspiels von Versorgungsqualitat und Kosten sowie zu Validitat, Reliabilitat und pradiktiven Eignung einzelner Indikatoren, aber auch zu Bewertungssystematiken und Schwellenwerten sowie die Tatsache, dass die fur die ambulante Versorgung in Deutschland entwickelten Indikatoren-Sets kaum in den eingeschlossenen Studien genutzt wurden, stellt vielversprechende Ansatzpunkte fur intensivierte methodische Diskussionen und Auseinandersetzungen mit Fragestellungen der populationsbezogenen, sektorenubergreifenden Qualitatsmessung in der Versorgungsforschung dar.