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Reconstructing pacifism

Authors :
Müller, Olaf L.
Meggle, Georg
Publication Year :
2004
Publisher :
Humboldt-Universität zu Berlin, Philosophische Fakultät I, 2004.

Abstract

Pazifisten und deren Gegner streiten sich meist nicht bloss über moralische, sondern auch über faktisch-deskriptive Fragen. Z.B. sind beide Seiten bei der Kosovo-Krise (1998/9) zu völlig entgegengesetzten Beschreibungen gekommen. Kein Wunder, denn der Pazifist betrachtet die Fakten legitimerweise im Lichte seines Systems von Werten. Seine Gegnerin betrachtet die Fakten im Lichte eines alternativen Wertsystems, und der Streit, der sich angeblich auf wertfrei deskriptivem Boden bewegt, kommt zu keinem Ende, weil es keine objektiven Tatsachen aus dem betreffenden Krieg gibt, die den Streit eindeutig entscheiden könnten. Die wertbeladene Weltsicht des Pazifisten lässt sich als Befolgung dreier epistemischer Imperative verstehen: 1) Zur Natur des Menschen: Wehre Dich gegen Dämonisierungen der Gegenseite; versuche immer, den Fall aus der Sicht der Gegenseite zu verstehen. 2) Zu friedfertigen Alternativen: Suche immer nach friedfertigen Alternativen zum geplanten Militäreinsatz. 3) Zur unkontrollierbaren Eskalation: Schärfe deinen Blick für unkontrollierbare, irreversible Nebenfolgen des militärischen Einsatzes, und achte besonders auf die Gefahr, dass ein weiterer Weltkrieg ausbrechen könnte. Nicht die objektive Realität entscheidet darüber, wie weit man bei der Befolgung dieser Imperative gehen sollte. Die Entscheidung hängt vielmehr von uns selbst ab – so ähnlich wie im Fall einer Naturwissenschaftlerin, die sich dafür entscheidet, hinter dem Chaos des Mannigfaltigen noch nach einer gemeinsamen Tiefenstruktur zu suchen. Diese Parallele hat eine überraschende Konsequenz. Die epistemischen Imperative des Pazifisten können mit Kants regulativen Prinzipien verglichen werden, die laut Kant notwendig sind, um unseren naturwissenschaftlichen Untersuchungen eine Orientierung zu geben. Und so verdienen die Pazifisten einen Vorwurf ganz sicher nicht: den Vorwurf, auf irrationale Weise blind zu sein für die harten Wirklichkeit. Pacifists and their opponents disagree not only about moral questions, but most often about factual questions as well. For example, they came to divergent descriptions of the crisis in Kosovo. According to my reconstruction of pacifism, this is not a surprise because the pacifist, legitimately, looks at the facts in the light of her system of value. Her opponent, in turn, looks at the facts in the light of alternative systems of value, and the quarrel between the two parties about supposedly descriptive matters does not come to an end as there is no objective reality about the war in question that could settle the issue. If I am right, the pacifist's value-laden way of looking at reality can be reconstructed as an obedience to three epistemic imperatives. First, the Epistemic Imperative concerning Human Nature ("Resist against demonizing the other side; always try to understand the case from their point of view"). Second, the Epistemic Imperative concerning Non-Violent Alternatives ("Always search for non-violent alternatives to projected military action"). Third, the Epistemic Imperative concerning Uncontrolled Escalation ("Sharpen your attention for uncontrolled, irreversible side effects of military action, particularly for the danger of escalation to another world war"). Objective reality does not decide how far one should go in following these imperatives. Rather, the decision about this is our's—similarly as in case of the scientist who decides to search for common deep structure behind the chaos of the manifold. So the pacifist's epistemic imperatives can be compared to Kant's regulative principles that are necessary for guiding the scientific scrutiny of reality. Not Reviewed

Details

Language :
English
Database :
OpenAIRE
Accession number :
edsair.od.......133..22af0e45bd18ead7177b655dc5f69931