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Digitale Lebensgefährten - der Anthropomorphismus sozialer Beziehungen

Authors :
Bovenschulte, Marc
Publication Year :
2019
Publisher :
Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB), 2019.

Abstract

Digitale Lebensgefährten beschreiben das Phänomen einer digitalen Unterstützung beim Aufbau und der Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen, aber auch und insbesondere der Substitution derselben durch intelligente technische Systeme. Das Feld digitaler Interaktionspartner umfasst ein sehr breites Spektrum unterschiedlicher Typen von Geräten: Es reicht von digitalen und personalisierten Internetangeboten (Avatare, Chatbots etc.) über Sprachassistenten wie Alexa oder Siri bis hin zu komplexen technischen Interaktionssystemen aus dem Bereich der sozialen Robotik. Zentrales Merkmal dieser Systeme ist, mit Menschen zu interagieren und zu kommunizieren. Mit dem technischen Fortschritt wandeln sich diese Systeme von reinen Befehlsempfängern oder Auskunftssystemen zu immer autonomer agierenden digitalen Helfern, die verstärkt über humanoide Merkmale verfügen und sich dank sozialer Verhaltensweisen gleichsam zu Partnern in Lebensgemeinschaften entwickeln können – bis hin zur Simulation körperlicher Nähe. Dabei kann es vonseiten des menschlichen Interaktionspartners zu einer anthropomorphen Projektion kommen, die das technische System als Person und die Interaktion mit ihr als soziale Beziehung wahrnimmt. Unter solchen Umständen kann sich eine Mensch-Maschine-Beziehung – insbesondere, wenn sie sich auch auf körperlicher Ebene abspielt – innig und in jeder Hinsicht intim ausprägen. Die Zuschreibung menschlicher Züge und Rollen beispielsweise für Haustiere ist ein seit Langem bekanntes Phänomen (Namensgebung, direkte Ansprache und Kommunikation etc.). Ebenso ist eine unidirektionale und meist befehlende Kommunikation mit technischen Artefakten wie Autos oder Computern eine hinlänglich dokumentierte Alltagserscheinung. Im Zuge der Digitalisierung von Kommunikation und Interaktion erhält diese als Anthropomorphismus bezeichnete Vermenschlichung nun eine weitreichende soziale Dimension. Diese Entwicklung fällt in eine Zeit, in der aufgrund der fortschreitenden Individualisierung der Gesellschaft tradierte Beziehungsgefüge an Bedeutung verlieren und sich neue ausbilden, die immer stärker realweltlich-virtuelle Mischformen umfassen.

Subjects

Subjects :
Technology
ddc:600

Details

Language :
German
ISSN :
26292874
Database :
OpenAIRE
Accession number :
edsair.doi.dedup.....eab70ece3e5c630390b2b0157db65f22
Full Text :
https://doi.org/10.5445/ir/1000133933