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Die Titelbilder der 'Bible historiale'. Zwischen Standardisierung und Personalisierung
- Source :
- Das Mittelalter, Das Mittelalter, 2013, 18 (1), pp.62-86. ⟨10.11588/artdok.00003774⟩
- Publication Year :
- 2013
-
Abstract
- Zusammenfassung Bei der “Bible historiale” handelt es sich um ein heiliges Buch, das weder textlich noch im Hinblick auf seine Ausstattung zu einer endgültigen Form gefunden hat. Während sich der Text tendenziell der Vulgata annäherte, haben sich die Illustrationen von diesem Vorbild gelöst. Ein hohes Maß an Standardisierung erreichten die Bibeln in der Regierungszeit Johanns des Guten und Karls V. Dies steht in Zusammenhang mit dem besonderen Interesse des Hofes an französischsprachiger Literatur und der effizienten Pariser Buchproduktion. Es bildete sich unter anderem eine neue Variante der Maiestas Domini heraus, bei der Christus als Mittler zwischen Altem und Neuem Bund im Zentrum steht. Um 1400 entstanden im Umkreis bedeutender Sammler wie dem Herzog von Berry Werke, deren Illustrationen sich ikonographisch und malerisch von dem erreichten Standard abhoben und individuelle Akzente setzten. Einige der neu entwickelten Titelbilder zeugen von theologisch fundiertem Wissen ihrer Auftraggeber oder Konzepteure. An erster Stelle sind hier die beiden allegorischen Titelbilder zu nennen, die auf Zitaten des Boethius basieren. Trotz dieser auffälligen Gemeinsamkeit unterscheiden sie sich in der Bildaussage: Im einen Fall steht der Aufstieg des Geistes in höhere Sphären im Mittelpunkt, im anderen die biblische Tradition der Weisheit und die Lehre vom Alten und Neuen Bund. Somit entfernen sich diese komplexen Miniaturen vom ursprünglichen Konzept der “Bible historiale”, das auf leichte Verständlichkeit abzielte. Das Titelbild der Pariser Handschrift fr. 20087 mit Petrus Comestor lässt demgegenüber eine besondere Nähe zu den didaktischen Ursprüngen der “Bible historiale” erkennen. Es hebt die Bedeutung des Gelehrten für den Urtext hervor, indem es die Lehre von den ‚drei Räumen eines königlichen Palastes’ und jene vom dreifachen Schriftsinn der Bibel in einer Wortillustration thematisiert. Bei der Textvariante dieser Bibel handelt es sich jedoch – wie um diese Zeit allgemein üblich – um eine große “Bible historiale”. Die Grundidee der “Historia Scholastica”, die historischen Bücher der Bibel in chronologischer Reihenfolge zu präsentieren, ist hier längst aufgegeben, was zu einer Diskrepanz zwischen dem Titelbild und dem tatsächlichen Inhalt der Bibel führt. Das letzte Beispiel, die Wortillustration zum ersten Psalm aus der Pariser Bibel fr. 9, gehört zu den wenigen großformatigen Titelbildern der “Bible historiale”, die nicht am Anfang eines Teilbandes stehen. Es variiert die erste Bildseite des Utrecht-Psalters und belegt, dass die Bildauswahl auch von kennerschaftlichen Aspekten geprägt sein konnte. Der Wunsch, eine bestimmte Vorlage zu zitieren, scheint der Anlass gewesen zu sein, diese Miniatur zu erschaffen. Aus den überlieferten Handschriften der “Bible historiale” lässt sich die Miniatur nicht erklären.
Details
- Language :
- German
- Database :
- OpenAIRE
- Journal :
- Das Mittelalter, Das Mittelalter, 2013, 18 (1), pp.62-86. ⟨10.11588/artdok.00003774⟩
- Accession number :
- edsair.doi.dedup.....e668ab62398336785d8b5531cb96e10c
- Full Text :
- https://doi.org/10.11588/artdok.00003774⟩