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Epidemiologische Daten und Krankheitsverläufe bei Versicherten mit Essstörungen : Ergebnisse einer Sekundärdatenanalyse anhand von Krankenkassendaten
- Publication Year :
- 2021
- Publisher :
- Universität Ulm, 2021.
-
Abstract
- Essst��rungen sind schwere psychische Erkrankungen, die mit unterschiedlichen Behandlungsans��tzen und -formen behandelt werden k��nnen. In den bisherigen Studien liegt der Fokus insbesondere auf den Untersuchungen hinsichtlich der Effektivit��t der verschiedenen Therapieformen. Studien, die die Auftretensh��ufigkeit und die Therapieform von Essst��rungen anhand von Versicherungsdaten aufzeigen, sind noch sehr selten. Dabei lassen sich aus Versicherungsdaten viele relevante Verlaufs- und Behandlungsdaten ableiten. In der vorliegenden Arbeit wurden Routinedaten von ca. 3 Mio. Versicherten, im Alter zwischen 15-59 Jahren der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Baden-W��rttemberg aus den Jahren 2004-2010 untersucht. Die Stichprobe setzte sich aus Versicherten zusammen bei denen, auf psychische Erkrankungen spezialisierte, Fach��rzte, Psychologische Psychotherapeuten und/oder entsprechende Krankenhausabteilungen, entweder eine Anorexia Nervosa (AN), Bulimia Nervosa (BN) oder kombinierte Diagnosen (ANBN) diagnostiziert haben. Versicherten mit ANBN wurden w��hrend des Beobachtungszeitraumes so-wohl eine AN als auch eine BN diagnostiziert. Untersucht wurden die Versicherten mit einer Essst��rungsdiagnose bez��glich epidemiologischer Fragestellungen, Komorbidit��ten, Mortalit��t, Geburten, Medikamentenbehandlungen, Arbeitsunf��higkeitstage (AU-Tage), Behandlungsverl��ufen und der Behandlungskosten. Eine alters- und geschlechtsparallelisierte Vergleichsgruppe, ohne Essst��rungsdiagnose, wurde als Grundlage f��r Vergleiche, aus den ��brigen AOK-Versicherten zuf��llig ausgew��hlt. Insgesamt wurde im Beobachtungszeitraum bei 2 734 Versicherten mindestens einmalig eine Essst��rung diagnostiziert. Am h��ufigsten wurde eine BN Diagnose vergeben (bei 49.38 % der Versicherten mit Essst��rung), gefolgt von der AN bei 33.17 % und ANBN bei 17.45 %. In allen Gruppen waren ��ber 92 % der Versicherten weiblich. W��hrend bei den m��nnlichen Versicherten die Inzidenzen von 2005 zu 2010 stabil niedrig unter 1 (auf 100 000 Personen/Jahr) verweilten, zeigte sich bei den Frauen ein R��ckgang der BN und ANBN Diagnosen von 2005 (Inzidenz von 21 bei BN und 11 bei ANBN) zu 2010 (8 bei BN und 1 bei ANBN). Die Inzidenz der AN bei den Frauen zeigte sich in beiden Jahren ann��hernd stabil zwischen 7-10. Das Durchschnittsalter der Versicherten bei Erstdiagnosestellung lag bei 27 Jahren, Versicherte mit ANBN hatten mit 25 Jahren ein signifikant j��ngeres Ersterkrankungsalter als Versicherte mit AN oder BN (bei beiden St��rungen lag das durchschnittliche Ersterkrankungsalter bei ca. 28 Jahren). ��ber die H��lfte der Versicherten mit BN Diagnose wurde ausschlie��lich ambulant behandelt, w��hrend Versicherte mit AN gleich h��ufig rein ambulant oder ambulant und station��r behandelt worden sind. ��ber zwei Drittel aller Versicherten mit ANBN wurden ambulant und station��r behandelt. Insbesondere bei den Versicherten mit AN wurde ein deutlicher Anteil von 19 % ausschlie��lich station��r behandelt. Bei der genaueren Analyse der Behandlungsverl��ufe konnten zehn typische Verlaufsgruppen definiert werden. Die beiden h��ufigsten Behandlungstypen waren, kombinierte ambulante und station��re Behandlungen, 46 % der Versicherten mit Essst��rung wurden so behandelt und ambulante Langzeittherapien, diese waren bei 19 % der Versicherten mit Essst��rung zu finden. Jedoch wurden, insbesondere bei den Versicherten mit BN oder AN, ca. ein Viertel der Versicherten einmalig oder maximal zwei Quartale lang ambulant oder station��r behandelt. Dies deutet daraufhin, dass f��r einen deutlichen Anteil von Betroffenen mit einer Essst��rungsdiagnose eine nur recht kurze Behandlungsdauer n��tig ist. Die Ergebnisse der Mortalit��t lassen darauf schlie��en, dass Betroffene mit einer AN ein knapp 3.5fach h��heres Mortalit��tsrisiko haben als die Vergleichsgruppe. Betroffene mit BN oder ANBN unterschieden sich nicht bez��glich des Mortalit��tsrisikos gegen��ber der Vergleichsgruppe. Bei der Betrachtung der Komorbidit��ten wurde deutlich, dass sehr viele Versicherte mit einer Essst��rung an mindestens einer komorbiden psychischen St��rung litten. Insbesondere komorbide affektive St��rungen und Pers��nlichkeitsst��rungen wurden h��ufig diagnostiziert. Bei Versicherten mit AN ist zudem das Risiko an einer komorbiden Zwangsst��rung zu leiden 43fach h��her als in der Vergleichsgruppe. Des Weiteren wurde ein h��heres Osteoporoserisiko deutlich. Die Analyse der Entbindungen l��sst darauf schlie��en, dass Betroffene mit einer Essst��rung weniger Kinder entbinden. Die Diagnosegruppen AN, BN und ANBN unterschieden sich in Bezug auf die Entbindungsh��ufigkeit nicht voneinander. Bei den Medikamentenverschreibungen zeigten sich h��here Verordnungen von Antidepressiva (insbesondere Fluoxetin und Citalopram), einigen Hypnotika und Antipsychotika sowie dem Benzodiazepin Lorazepam. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Betroffene mit ANBN h��ufiger Medikamente verordnet bekamen als Betroffene mit BN oder AN. Betroffene mit BN wurden h��ufiger Medikamentenverschreibungen verordnet als Betroffene mit AN. Die station��ren Behandlungskosten verdeutlichen, dass Versicherte sowohl im Jahr der Erstdiagnose als auch im Jahr davor und danach, h��here station��re Behandlungskosten hatten als die Vergleichsgruppe. Dabei hatten Versicherte mit ANBN die h��chsten station��ren Behandlungskosten. Bei den Ergebnissen der ambulanten Versorgung zeichnet sich ab, dass h��ufiger eine Kurzzeittherapie durchgef��hrt wurde als eine Langzeittherapie. W��hrend tiefenpsychologische und verhaltenstherapeutische Behandlungen gleich h��ufig stattgefunden haben, hatten deutlich weniger Versicherte eine analytische Psychotherapie. Des Weiteren hatten ��ber ein Drittel der Versicherten mit AN oder BN und knapp zwei Drittel der Versicherten mit ANBN eine ambulante psychiatrische Behandlung. In der station��ren Versorgung zeigte sich, dass bei Versicherten mit Essst��rung bis zu 17fach h��ufiger bildgebende Verfahren angewendet worden sind und sie bis zu 7fach h��ufiger kardiologisch behandelt wurden als die Vergleichsgruppe. Die Ergebnisse der AU-Tage deuten darauf hin, dass Versicherte mit Essst��rung generell mehr AU-Tage aufweisen, da sie neben dem Jahr nach der Erstdiagnose auch ein und zwei Jahre vor der Erstdiagnose, sowie zwei Jahre nach der Erstdiagnose h��ufiger krankgeschrieben waren als die Vergleichsgruppe. Der gro��e Sekund��rdatensatz erm��glichte die Analyse aus Kostentr��gerperspektive mit der M��glichkeit Subgruppen zu bilden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Betroffene mit ANBN einen schwereren und l��ngeren Behandlungsverlauf haben. Die Essst��rungen unterscheiden sich in diversen Aspekten des Krankheitsverlaufes. Des Weiteren gibt es ein Behandlungskontinuum, von sehr kurzen bis langen Behandlungsverl��ufen, was verdeutlicht, dass Essst��rungen in unterschiedlichen Schweregraden auftreten k��nnen und unter-schiedliche Behandlungsans��tze ben��tigen. Eine zuk��nftige Klassifizierung des Schwere-grades erscheint sinnvoll. Die Sekund��rdatenanalyse identifizierte auch F��lle, die ��berraschen, wie z. B. Versicherte mit alleinigen station��ren Behandlungen oder Versicherte, bei denen nur eine sehr kurze Behandlung n��tig war. Diese werden nur selten in Prim��rdatenanalysen erfasst, es ben��tigt weitere Forschungsanstrengungen, um ein besseres Verst��ndnis der St��rungsbilder zu erlangen.
Details
- Language :
- German
- Database :
- OpenAIRE
- Accession number :
- edsair.doi.dedup.....e02801b5aa924b6d8011f84fc56f2a34