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Prähospitale Überprüfung der Validität des TICCS-Scores zur Detektion der Traumainduzierten Koagulopathie
- Publication Year :
- 2023
- Publisher :
- Universität Ulm, 2023.
-
Abstract
- Hintergrund Das Trauma ist die führende Todesursache in der Altersgruppe 15 bis 44 Jahre. Ursache der Letalität ist in rund 40% das Verbluten. Bei bis zu 25 % dieser Patienten ist eine Traumainduzierte Koagulopathie (TIC) nachzuweisen, welche mit einer drei- bis fünffach erhöhten Mortalität einhergeht. Daher ist es wichtig, diese Patienten so früh wie möglich zu erkennen. Es existieren bereits einige Traumascores, die das Risiko für das Vorliegen einer TIC und die Indikation einer Massentransfusion vorhersagen. Leider sind viele der Scores prähospital nicht anwendbar, da medizinische Geräte oder Labormesswerte benötigt werden oder die Berechnung zu aufwändig und zeitraubend ist. Tonglet entwickelte 2014 den Trauma Induced Coagulopathy Clinical Score (TICCS-Score), der es ermöglichen soll, auch als Notfallsanitäter ohne weitere Hilfsmittel direkt bei Eintreffen am Unfallort die Wahrscheinlichkeit für den Bedarf eine Damage Control Resuscitation (DCR) vorherzusagen, sodass frühzeitig eine spezifische Therapie begonnen werden kann. Patienten und Methoden Der TICCS-Score setzt sich aus den drei Bausteinen der generellen Schwere der Verletzung, dem systolischen Blutdruck sowie dem Ausmaß signifikanter Verletzungen zusammen und wird mittels einfacher Punkteaddition berechnet (Ergebnis: 0 bis 18 Punkte). Im Rahmen der prospektiven (prä-)hospitalen Studie PREDICT – Prehospital Evaluation and Detection of Induced Coagulopathy in Trauma wurden zwischen August 2015 und Februar 2018 239 polytraumatisierte Patienten eingeschlossen, indem sie durch den Hubschraubernotarzt des Luftrettungsstützpunktes Christoph 22 erstversorgt und zur weiteren Therapie in das Bundeswehrkrankenhaus Ulm oder das Universitätsklinikum Ulm transportiert wurden. Retrospektiv wurde der TICCS-Score aus der prähospitalen sowie innerklinischen Dokumentation berechnet. Durch eine initiale prähospitale sowie innerklinische Blutentnahme konnte mittels Rotationsthrombelastometrie das Vorliegen einer TIC sowie Hyperfibrinolyse verifiziert werden. Ergebnisse In 31 Monaten konnten 239 Patienten in die Studie eingeschlossen werden, wobei nach Ausschluss gemäß den Ausschlusskriterien 148 Patienten für die statistische Auswertung verblieben. Eine bereits prähospital vorliegende TIC konnte bei 24,3 %, eine Hyperfibrinolyse bei 6,1 % aller Patienten detektiert werden. Bei einem durchschnittlichen Injury Severity Score (ISS) von 22 lag der TICCS-Score prähospital durchschnittlich bei 6,03. Es konnte nachgewiesen werden, dass mit dem prähospital berechneten, oft rein auf Verdachtsdiagnosen basierenden, TICCS-Score im Vergleich zum innerklinisch berechneten, auf Bildgebung und Labordiagnostik beruhenden Score ebenfalls valide Vorhersagen möglich sind, indem mittels t-Test kein signifikanter Unterschied (p = 0,77) zu identifizieren war. Entgegen häufiger Meinung zeigte sich nur bei Patienten mit TIC und Hyperfibrinolyse eine deutliche Änderung von Vitalparametern, einen erhöhten Volumen- und Transfusionsbedarf, eine deutlich höhere Mortalität sowie einen höheren ISS. Patienten mit TIC ohne Hyperfibrinolyse waren hier mit den polytraumatisierten Patienten ohne Koagulopathie vergleichbar. Ein hoch signifikanter Zusammenhang (p = 0,000) ließ sich zwischen erhöhtem TICCS-Score und dem Vorliegen einer Hyperfibrinolyse nachweisen. Somit ist es mittels TICCS-Score möglich genau die Patienten, die eine DCR benötigen (Patienten mit TIC und Hyperfibrinolyse), zu identifizieren. Es konnte bei allen getesteten Grenzwerten (8, 9 und 10) ein signifikanter Zusammenhang (p = 0,000) nachgewiesen werden, wobei sich der Grenzwert 10 den anderen Grenzwerten als minimal überlegen zeigte. Zur Festlegung eines Grenzwertes sind weitere Studien mit größeren Studienpopulationen möglich. Bis dahin empfehlen wir den durch Tonglet vorgeschlagenen Grenzwert 10 zu verwenden. Schlussfolgerung Mittels TICCS-Score lässt sich zügig, unkompliziert und verlässlich prähospital die Wahrscheinlichkeit für den Bedarf einer DCR und das Vorliegen einer TIC mit Hyperfibrinolyse einschätzen. Aufgrund der übersichtlichen Kriterien, die in den Score einfließen, ist die Vorhersage limitiert, jedoch ist der TICCS-Score ein gutes Hilfsmittel zur Entscheidungsfindung in der prähospitalen und innerklinischen Schwerverletztenversorgung.
Details
- Language :
- German
- Database :
- OpenAIRE
- Accession number :
- edsair.doi.dedup.....968cba059201ede2b9b402fd4f4b0906