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Spektrum neurologischer Erkrankungen mit isolierter Laktaterhöhung im Liquor cerebrospinalis bei zunächst unklarer Diagnose
- Publication Year :
- 2017
- Publisher :
- Universität Ulm, 2017.
-
Abstract
- Das Liquorlaktat ist in der Liquordiagnostik ein wichtiger Parameter des Notfall- und Grundprogramms. Es kann Hinweise auf Krankheitsursachen liefern und zur Erhärtung einer Diagnose beitragen. Der ursprüngliche Ausgangspunkt dieser Arbeit war die Frage, welche Erkrankungen bei einer isolierten Laktaterhöhung im Liquor, bei der die klinische Krankheitsursache zunächst unklar ist, letzten Endes zu finden sind. Des weiteren sollte geklärt werden, ob das Liquorlaktat bei zunächst unklarem klinischen Krankheitsbild zur Diagnose oder zum pathophysiologischen Verständnis beitragen kann, und wie es sich in den Zusammenhang von Erkrankungen einordnen lässt. Die Analyse der Datenbank des Liquorlabors der Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm (RKU) ergab aus einem Gesamtprobenumfang von 6597 Liquores 67 Patienten mit einer isolierten Laktaterhöhung mit zunächst unklarer Diagnose. Die entsprechenden Patienten hatten bei ätiologisch unklarer neurologischer Symptomatik eine diagnostische Lumbalpunktion erhalten. Bei allen war eine Erhöhung des Laktats (Spannweite 2,2-6,9 mmol/l) ohne Zeichen einer akuten oder chronischen Entzündung, einer Blutung oder eines Tumors aufgefallen. Da bei 12 dieser Patienten eine zusätzliche Schrankenstörung vorlag, wurden sie gesondert ausgewertet. Aufgrund der häufig abschließend gestellten Diagnose eines epileptischen Ereignisses wurden 12 Epilepsiepatienten mit isolierter Laktaterhöhung im Liquor (Spannweite 2,2-3,2 mmol/l) und 11 mit zusätzlicher Schrankendysfunktion (Spannweite 2,2-5,5 mmol/l) ergänzend betrachtet. Die Liquorbefunde wurden retrospektiv hinsichtlich der initialen Verdachtsdiagnosen, den damit zusammenhängenden Leitsymptomen, häufigen Begleiterkrankungen und der Hauptdiagnose bei Entlassung bewertet. Die Laktatwerte lagen im Median bei Patienten mit einer isolierten Laktaterhöhung bei 3,0 mmol/l bei unklarer Diagnose und bei 2,7 mmol/l bei schon vorher bekannten Anfällen. Lag eine zusätzliche Schrankenstörung vor, fanden sich 3,7 mmol/l bei unklarer Diagnose und von 2,8 mmol/l bei Anfallspatienten. Es zeigte sich also immer eine deutliche Erhöhung des Liquorlaktats, aber nur in Einzelfällen ergaben sich sehr hohe Werte bis zu 6,9 mmol/l. Das mit Abstand häufigste Leitsymptom war eine Bewusstseinsstörung (bei unklarer Diagnose und isolierter Laktaterhöhung 58%, bei zusätzlicher Schrankenstörung 67%; bei Anfällen jeweils fast 100%). Die häufigste Verdachtsdiagnose bei Patienten mit unklarer Diagnose und isolierter Laktaterhöhung war mit fast 60% ein Schlaganfall, und in mehr als einem Drittel der Fälle vermutete man ein entzündliches Geschehen. Der Verdacht auf einen epileptischen Anfall wurde nur selten gestellt. Bei Patienten mit zusätzlicher Schrankenstörung war die Verteilung ähnlich. Die Begleiterkrankungen der betrachteten Patienten waren sehr vielfältig. Oft fanden sich eine arterielle Hypertonie, subkortikale vaskuläre Enzephalopathie, Diabetes mellitus Typ 2 oder eine Alkoholabhängigkeit. Die häufigste Diagnose, die im Zusammenhang mit einer isolierten Laktaterhöhung im Liquor bei Entlassung gestellt wurde, war in einem Drittel der Fälle ein epileptisches Ereignis (komplex-fokal: 2,2-5,7 mmol/l [n=8]; generalisiert: 2,8-4,9 mmol/l [n=6]; Status epilepticus: 2,9-3,7 mmol/l [n=4]). Bei zusätzlicher Schrankenstörung war die häufigste Diagnose mit einem Viertel eine zerebrale Ischämie (2,9-6,0 mmol/l [n=3]), mit jeweils einem Fall wurden ein fokaler und ein generalisierter epileptischer Anfall diagnostiziert (komplex-fokal: 3,7 mmol/l [n=1]; generalisiert: 3,0 mmol/l [n=1]). Ist die Krankheitsursache bei einer isolierten Laktaterhöhung zunächst klinisch unklar, sollte also auch an einen epileptischen Anfall gedacht werden. Das Vorliegen einer Bewusstseinsstörung macht die Diagnose wahrscheinlicher. Ein Mechanismus, der zur Erhöhung des Laktatwertes beitragen könnte, wird im Rahmen der Astrozyten-Neuronen-Laktat-Shuttle-Hypothese beschrieben, der die Vorstellung zugrunde liegt, dass das von Astrozyten gebildete Laktat von Neuronen oxidativ weiter verstoffwechselt werden kann. Außerdem entsteht eine Laktaterhöhung im Rahmen der anaeroben Glykolyse bei Hypoxie und bei neuroexzitativen Vorgängen. Auch die neuroprotektive sowie möglicherweise anfallslimitierende Funktion des Laktats ist in Betracht zu ziehen. Zukünftige Aufgaben wären es, genau zu analysieren, in welchem Zusammenhang der Zeitpunkt der Lumbalpunktion und die Höhe des Laktatwertes bei verschiedenen Erkrankungen stehen, welche Rolle eine Schrankenfunktionsstörung dabei spielt und welchen positiven Einfluss das Laktat bei epileptischen Ereignissen und zerebralen Ischämien hat.
Details
- Language :
- German
- Database :
- OpenAIRE
- Accession number :
- edsair.doi.dedup.....8f6aec84ec5803d09eb0847348746cab
- Full Text :
- https://doi.org/10.18725/oparu-4280