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Praktikabilität und Nutzen eines aktiven Screenings auf Rehabedarf mit anschließender schriftlicher Beratung zur Rehaantragstellung bei AOK-Versicherten im Disease-Management-Programm Diabetes Typ 2 (PARTID-Studie)

Authors :
Erik Farin-Glattacker
A. Döbler
Hartmut Pollmann
Heiner Raspe
Oskar Mittag
Source :
Die Rehabilitation. 53:313-320
Publication Year :
2014
Publisher :
Georg Thieme Verlag KG, 2014.

Abstract

Hintergrund und Fragestellungen: Der Diabetes mellitus Typ 2 ist die weltweit haufigste Stoffwechselerkrankung. Untersuchungen zeigen, dass durch intensive, multimodale Interventionen das Auftreten von Folgeerkrankungen sowie die Mortalitat verringert werden konnen. Medizinische Rehabilitation konnte eine solche, wenn auch zeitlich begrenzte, Moglichkeit darstellen. Ein aktives Screening nach moglichem Rehabedarf findet in Deutschland so gut wie nicht statt. In der vorliegenden Arbeit wird den Fragen nachgegangen, ob ein Screening auf Rehabedarf bei Diabetespatienten mit anschliesender Beratung zur Stellung eines Rehaantrages zur Generierung einer unter Versorgungsgesichtspunkten relevanten Zahl von Rehamasnahmen fuhrt, ob die (stationaren) Rehamasnahmen zu einer Verbesserung der mittelfristigen Prognose fuhren und welche Patientengruppen besonders profitieren. Methoden: 5 500 erwerbstatige Versicherte im Alter zwischen 18 und 54 Jahren, die im Disease-Management-Programm (DMP) Diabetes mellitus Typ 2 der AOK Rheinland/Hamburg eingeschrieben und bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Rheinland rentenversichert waren, wurden mittels eines umfangreichen Fragebogens auf moglichen Rehabedarf nach dem „Lubecker Algorithmus“ gescreent. Patienten mit Rehabedarf, bei denen keine Ausschlussgrunde fur eine (wohnortferne) Rehamasnahme bestanden, wurden dann im Verhaltnis 3:1 in die Interventions- und Kontrollgruppe randomisiert. Patienten in der Interventionsgruppe erhielten ein Schreiben der AOK, in dem ihnen geraten wurde, einen Rehaantrag zu stellen. Ein stark vereinfachtes, kurzes Antragsformular war beigefugt. 12 Monate nach der Randomisierung wurde eine katamnestische Befragung durchgefuhrt. Hauptendpunkt war ein kardiovaskularer Risikoscore speziell fur Diabetiker. Die Auswertung erfolgte mittels Multi-Ebenen-Modellen fur Veranderungen. Ergebnisse: 850 Patienten (Rucklaufquote=16%) schickten ausgefullte Screeningbogen zuruck. Nach Ausschluss von Fallen mit fehlendem Einverstandnis und falscher Diagnose verblieben 829 Patienten. Bei 94% bestand Rehabedarf nach den vorgegebenen Kriterien (39% einfache und 55% komplexe Problemlagen). 266 Patienten hatten im Fragebogen angegeben, dass fur sie eine Rehateilnahme aus personlichen Grunden nicht moglich ist. Von den ubrigen wurden 299 Patienten in die Interventions- und 102 in die Kontrollgruppe randomisiert. Fast 70% der Patienten in der Interventionsgruppe stellten im Nachbeobachtungszeitraum einen Rehaantrag und absolvierten uberwiegend auch eine Rehamasnahme. Die Rucklaufquote zum Katamnesezeitpunkt betrug 82%. Bei der Analyse nach dem Prinzip intention-to-treat (ITT) fand sich kein signifikanter Effekt hinsichtlich des kardiovaskularen Risikos (p=0,68); bei der Analyse per-protocol zeigte sich dagegen ein signifikanter Effekt zugunsten der Interventionsgruppe (p=0,025). Manner und Patienten mit einfachen Problemlagen profitierten von der Intervention. Diskussion: Das proaktive Vorgehen fuhrt zur Identifizierung einer unter Versorgungsgesichtspunkten hoch relevanten Versichertengruppe und ist geeignet, eine grose Zahl von medizinisch begrundeten Rehaantragen zu generieren. Die Ergebnisse der ITT-Analyse zur Wirksamkeit der stationaren Rehabilitation bei Diabetes mellitus Typ 2 hinsichtlich des kardiovaskularen 5-Jahres-Risikos zeigen aber bei der hier eingeschlossenen Population (Versicherte mit mehrheitlich niedrigem Sozialstatus ohne primare Antragsintention) keine statistisch signifikanten Effekte und erlauben nicht, der stationaren Diabetes-Rehabilitation eine generelle Wirksamkeit zuzusprechen. Dies kann aber nicht auf die Rehabilitation insgesamt verallgemeinert werden, da diese uberwiegend aufgrund eigener Antragsintention durchgefuhrt wird. Hier ist weitere Forschung notwendig.

Details

ISSN :
14391309 and 00343536
Volume :
53
Database :
OpenAIRE
Journal :
Die Rehabilitation
Accession number :
edsair.doi...........f65a71c3e322459aff5035fc0282c17d