Der Einfluß von Säure- und Laugenwirkung auf die Entwicklung der morphologischen und biochemischen Wundreaktionen

1) Untersucht wurde der Einflus von Saure und Lauge auf die Entwicklung der fruhen Wundreaktionen an der intakten und der mechanisch verletzten Meerschweinchenhaut. Die zellularen und fermenthistochemischen Reaktionen zeigten hierbei ein unterschiedliches Verhalten: Die Gewebsleukozytose nach mechanischer Hautverletzung wird durch chemische Einflusse weniger behindert als die reaktive Aktivitatssteigerung der Enzyme im Wundrand, welche sich durch Saure starker und durch Lauge weniger beeintrachtigt zeigte. Aktivitatsveranderungen strukturgebundener Enzyme waren nach alleiniger Saure- und Laugenwirkung in der Haut nicht nachzuweisen, sondern praktisch nur nach mechanischen Verletzungen. Die zellulare Reaktion entwickelt sich am Rande der Laugen-Nekrose starker verdichtet, bei der Saure-Nekrose breiter und mehr diffus. Charakteristische Kernveranderungen fanden sich bei der Laugenwirkung starker ausgepragt. 2) An der mechanisch unverletzten Haut fanden sich nach Saureeinwirkung signifikante Histaminuberschusse, wahrend die Serotoninfreisetzung deutlich abgeschwacht war. In der Schnitt-Saure-Gruppe ergab sich eine Verminderung des Histamingehaltes und eine signifikante Zunahme des Serotonins. Das Verhalten der sog. freien Gewebshormone nach Einwirkung chemischer Mittel auf die Meerschweinchenhaut ist zum Teil gegenlaufig. 3) Bei postmortaler Schnittverletzung und anschliesender Veratzung fand sich ein deutlicher Histaminanstieg im Wundgebiet. Bekanntlich gilt der Uberschus an freiem Histamin gegenuber der unverletzten Vergleichshaut als Vitalreaktion. Da es auch postmortal durch chemische Einflusse zu einer Entspeicherung der Mastzellen und damit zur Freisetzung von Histamin kommen kann, ist bei Hautveratzungen eine vorsichtigere Interpretation angebracht.