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Religion und Weltanschauung in der Erziehung: verfassungsrechtliche Freiheiten und Grenzen

Authors :
Leon A. Brandt
Thomas Meysen
Source :
Praxis der Rechtspsychologie. 31
Publication Year :
2021
Publisher :
Deutscher Psychologen Verlag GmbH, 2021.

Abstract

Kindererziehung ist ein vielschichtiger durch verschiedene Akteur*innen geprägter Nexus. Im Mittelpunkt steht der heranwachsende Mensch, dessen Recht auf Förderung seiner Entwicklung sowie auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gesellschaftsfähigen Persönlichkeit. Das Recht zur Erziehung kommt in erster Linie den Eltern zu, ist gleichzeitig eine Pflicht und hat fiduziarischen Charakter (Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG). Die elterliche Erziehung erstreckt sich auch auf politische bzw. religiös-weltanschauliche Fragen, auf die Vermittlung von Werten und Grundhaltungen. Grenzen findet das religiös-weltanschauliche Erziehungsrecht hingegen in seiner missbräuchlichen Ausübung. Zugespitzt lässt sich festhalten, dass unterhalb dieser Schwelle auch eine Erziehung zu extremistischer Weltanschauung oder fundamentalistischer Religiosität grundsätzlich zulässig ist. Verfassungsrechtlich stellt sich die Frage, inwieweit der Staat beziehungsweise die Erziehung in öffentlicher Verantwortung hierauf Einfluss nehmen darf. Das Feld religiös-weltanschaulicher Kindererziehung ist durchwirkt vom verfassungsrechtlichen Gebot staatlicher Neutralität in Glaubensfragen. In seiner deutschen Prägung meint dies keine strikte und vollkommene Trennung von Staat und Glaubensgesellschaften. Vielmehr beschreibt es eine offene, übergreifende, die grundrechtliche Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung. Das Geflecht erzieherischer Kompetenzen zwischen Kind, Eltern und Staat wird damit zwar nicht verändert, aber bereichsspezifisch ausgeformt. Der Staat kann seine eigene Neutralität nur dadurch gewährleisten, dass er allen Bürger*innen gleichermaßen die verhältnismäßig gerechte Ausübung ihrer grundrechtlichen Freiheiten ermöglicht. Nicht nur die Kindeswohlgefährdung ist somit wesentliche Begrenzung des elterlichen Erziehungsrechts, sondern auch die Wahrung der Grundrechte Anderer sowie der Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung kann ein Einwirken auf Erziehung legitimieren.

Details

ISSN :
09399062
Volume :
31
Database :
OpenAIRE
Journal :
Praxis der Rechtspsychologie
Accession number :
edsair.doi...........3405fe2c75503b80f9e3e7ae4c84fb87