Top Shots. Blutige Uniformen bosnischer Soldaten in Werbung und Film

Im Aufsatz werden die Bilder des Leidens aus der Zeit des Bosnienkrieges (1992-1995) diskutiert, somit auch jenes Thema der Politik und der Geschichte Südosteuropas nach 1989, das immer noch bewegt und schmerzt. Das chronologisch erste Beispiel, die Benetton-Werbung (1994) mit der blutigen Uniform eines bosnischen Soldaten (Marinko Gagro), sorgte für Furore und löste international eine Welle von Protesten aus. Die Frage, die gestellt wurde, lautete: Ist eine solche Instrumentalisierung des Krieges und des Todes zu Werbezwecken legitim? Die Überlegungen Susan Sontags über das Beobachten des Leidens anderer Menschen auf den Photographien erhalten jedoch vor dem kommerziellen Hintergrund eine vollends neue Bedeutung, wie zum Schluss skizziert wird. Formalästhetisch interessant ist, dass die Photographie von einer besonderen Form der extremen Aufsicht aus aufgenommen wurde: dem Top Shot, bei dem die Kameralinse von oben gesehen parallel zum gefilmten Objekt steht. Der Film "No Man’s Land" von Danis Tanović (2001) inszeniert in der Schlusseinstellung aufgrund dieser Perspektive die auf Toscani beruhenden jedoch fiktionalen und filmischen, bewegten und bewegenden Bilder des Leidens. Der Aufsatz geht den einzelnen Stationen der (kommerziell-)dokumentarischen und der fiktional-filmischen 'Bilder des Leidens' nach, die sich im Bild der blutigen Uniform verdichten. Den Beginn des Aufsatzes bilden die Überlegungen zum Film, zum Schluss des vorliegenden Textes wird die Photographie diskutiert. Im Aufsatz wird danach gefragt, ob der jeweilige Top Shot dafür benutzt wird, um dem Rezipienten eine besondere Stellung einzuräumen.