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Diagnose und Differentialtherapie der Mitralstenose
- Source :
- Herz; November 1998, Vol. 23 Issue: 7 p420-428, 9p
- Publication Year :
- 1998
-
Abstract
- Zusammenfassung: Klinische Symptome und diagnostische Befunde bei Patienten mit Mitralstenose werden in der Regel vom Ausmaß der Stenose bestimmt. Bei einer normalen Mitralklappenöffnungsfläche von über 4 cm<superscript>2</superscript> ist bei Patienten mit höhergradiger Mitralstenose die Mitralklappenöffnungsfläche meist auf < 1,5 cm<superscript>2</superscript> reduziert. Bei älteren Patienten beeinflussen Begleiterkrankungen häufig die Symptomatik (zum Beispiel Vorhofflimmern, arterielle Hypertonie und Lungenerkrankungen). Wichtigster Bestandteil der Diagnostik neben Anamnese, Auskultation, EKG und Röntgenaufnahmen des Thorax ist die Echokardiographie, um nichtinvasiv zuverlässig Mitralklappengradienten, Mitralklappenöffnungsfläche und morphologische Veränderungen der Klappen sowie begleitende Vitien, Ventrikelfunktionen und eventuelle linksatriale Thromben zu erfassen. Neben den seit 50 Jahren bewährten chirurgischen Behandlungsverfahren bei Patienten mit hochgradiger Mitralstenose hat sich in den letzten Jahren die perkutane Ballonmitralvalvuloplastie etabliert. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt scheint die Inoue-Technik die meisten Vorteile aufzuweisen. Nach transseptaler Punktion wird der Inoue-Ballon transvenös über einen speziellen Wechseldraht in den linken Vorhof und nachfolgend in den linken Ventrikel vorgebracht. Eine spezielle Entfaltungscharakteristik erlaubt eine sichere Plazierung im Bereich der Mitralklappe ohne Gefahr von Ventrikelrupturen durch den Ballon (Abbildung 1); spezielle im Ventrikel liegende steife Unterstützungsdrähte sind nicht erforderlich, so daß mit dieser Methode bisher keine Vetrikelrupturen Beschrieben wurden. Wie bei einer chirurgischen Kommissurotomie führt die Ballonvalvuloplastie zu einer Separation der verwachsenen Kommissuren. Es kommt zu einer deutlichen Reduktion des Mitralklappengradienten mit begleitender Zunahme der Mitralklappenöffnungsfläche (Abbildung 2). Die Ergebnisse und Erfolge der Ballonmitralvalvuloplastie werden stark von der Morphologie der Klappen und der Veränderungen des subvalvulären Apparates bestimmt. In randomisierten Studien waren die Ergebnisse der chirurgischen Kommissurotomie mit denen der Ballonmitralvalvulotomie vergleichbar. In unserer Klinik wurde bei 899 Patienten mit einem mittleren Alter von 56±3 Jahren eine Zunahme der Klappenöffnungsfläche von 1,0 auf 1,8 cm<superscript>2</superscript> erzielt. Bei jüngeren Patienten mit weniger stark veränderten Klappen waren die Ergebnisse entsprechend günstiger als bei älteren Patienten (Abbildung 3); auch ein Rezidiv nach vorausgegangener chirurgischer Kommissurotomie stellt bei geeigneter Klappenmorphologie keine Kontraindikation für eine Ballonmitralvalvuloplastie dar. Die Komplikationsrate ist in geübter Hand sehr niedrig: Die Letalität liegt. unter 1%; mit dem Auftreten einer schweren Mitralinsuffizienz muß bei 3 bis 10% der Eingriffe gerechnet werden; in unserem Kollektiv haben wir eine höhergradige Mitralinsuffizienz bei 5% der Eingriffe beobachtet. Thromboembolische Komplikationen lassen sich mit Ausschluß von Vorhofthromben durch eine transösophagiale Echokardiographie verhindern. Das Auftreten eines hämodynamisch bedeutsamen Vorhofseptumdefekts ist eine Ausnahme. Die mittelfristigen Ergebnisse (fünf bis zehn Jahre) und die niedrige Restenosierungsrate nach Ballonmitralvalvuloplastie bei Patienten mit geeigneten Klappen sind denen der operativen Kommissurotomie vergleichbar. Bei älteren Patienten mit stark veränderten, verkalkten und fibrosierten Klappen ist mit einer Restenosierung innerhalb von ein bis fünf Jahren zu rechnen; bei diesen Patienten stellt die Ballonmitralvalvuloplastie nur einen palliativen Eingriff dar, um den Operationszeitpunkt hinauszuzögern, zum Beispiel bei Patienten mit einem begleitenden Aortenklappenvitium, das allein noch keine Operationsindikation darstellt. Besondere Indikationen ergeben sich bei jungen, noch wenig symptomatischen Patienten mit hochgradiger Mitralstenose, bei Schwangeren und in Notfallsituationen sowie bei Patienten mit Mitralstenose vom Schweregrad II mit intermittierendem Vorhofflimmern. Im Vergleich zur operativen Behandlung ist die Kathetertherapie sehr viel weniger invasiv; da die Letalität ausgesprochen niedrig ist, bleibt den Patienten auch im Fall eines Mißerfolgs die Möglichkeit der operativen Therapie. Dem ist gegenüberzustellen, daß Patienten mit morphologisch stärker veränderten Klappen bei der Operation in der Regel einen Klappenersatz erhalten, da durch eine mißlungene Rekonstruktion kurzfristig eine Zweitoperation erforderlich würde. Kontraindikationen der Ballonmitralvalvuloplastie sind Thromben im linken Vorhof, eine vorbestehende Mitralinsuffizienz > Grad II und ausgeprägte destruktive Veränderungen oder fortgeschrittene Verkalkungen der Klappen. Somit stellt die Ballonmitralvalvuloplastie eine bedeutsame Erweiterung des Spektrums perkutaner Behandlungsverfahren kardiologischer Krankheitsbilder dar.
Details
- Language :
- English
- ISSN :
- 03409937 and 16156692
- Volume :
- 23
- Issue :
- 7
- Database :
- Supplemental Index
- Journal :
- Herz
- Publication Type :
- Periodical
- Accession number :
- ejs18922770
- Full Text :
- https://doi.org/10.1007/BF03043402