Von 1996 bis 2006 wurde im Auftrage des Bundesamtes für Naturschutz das E+E-Vorhaben „Osterfeiner Moor“ durchgeführt. Auf einer 180 ha umfassenden Vorhabensfläche war die langfristige, großflächige Realisierung von Naturschutzzielen durch ökologisch angepasste, die nachhaltige Entwicklung fördernde Gebietsbewirtschaftung in einem bisher landwirtschaftlich intensiv genutzten Niedermoorgebiet zu erproben und zu entwickeln. Im Rahmen der wissenschaftlichen Nachuntersuchung 2016 – 2018 galt es, die Zielerreichung zu überprüfen und die damaligen Ansätze bezüglich ihrer nachhaltigen Wirksamkeit zu evaluieren. Hierzu bedurfte es der Analyse der wesentlichen abiotischen und biotischen Ressourcen (Boden, Hydrologie und Arteninventar). Untersuchungsbedarf bestand in der Erfassung der sozio-ökonomischen Situation der Flächennutzer. Deren landschaftspflegerische Potentiale und Nutzungsanreize waren infolge der zwischenzeitlich veränderten agrarpolitischen Rahmenbedingungen (EEG, GAP, Strukturwandel, Milchkrise) ebenfalls starken Änderungen unterworfen. Hierbei war auch zu untersuchen, inwieweit sich solch ein Moorstandort bei extensiver landwirtschaftlicher Nutzung dauerhaft erhalten lässt und wie die Klimarelevanz dieser Flächen zu bewerten ist. Im Rahmen der moorkundlichen und hydrologischen Untersuchungen wurden von Dezember 2016 bis November 2018 Messungen durchgeführt. Mit einem Strömungsmodell konnten monatliche Grundwasserstände der Flächen für die Zeit von Dezember 2000 bis Juni 2018 für den zentralen Bereich berechnet werden Die Grundwasserstände stiegen durch die Staueinrichtungen leicht an. Die Höhenverluste der Moorflächen konnten bisher noch nicht verhindert werden, sie betragen weiterhin ca. 1 cm/Jahr. Ausgehend von den Grundwasserständen in Meter unter Gelände errechnen sich Freisetzungsraten von Kohlendioxid im Schwankungsbereich von 10,5 bis 17,7 t CO2-Äquivalente [t*ha-1*a-1]. Eine Freisetzung von z.B. 14 t CO2-Äquivalente [t*ha-1*a-1] entspricht dabei einem Höhenverlust in den oberen Torfschichten von 0,23 bis 0,36 cm/Jahr. Die Differenzen zu den gesamten Höhenverlusten von 1 cm/Jahr werden auf die Schrumpfungen der Mudden zurückgeführt. Seit 1898 erfolgten Höhenverluste von ca. 1 m, wobei die stärksten Höhenverluste vermutlich ab vollendeter Eindeichung des Dümmers (1953) mit rund 2 cm pro Jahr auftraten, ab Wirksamkeit der Vernässung im E+E-Vorhaben waren sie deutlich geringer. Die Flächen werden weiterhin Höhen- und Torfverluste aufweisen. Innerhalb der nächsten 2 bis 3 Jahrzehnte ist mit einer deutlichen Vernässung der Flächen zu rechnen, verbunden mit einer dann eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit als Weide. Aufgrund der Höhenunterschiede in jeder Fläche wird sich ein Mosaik aus noch beweidbaren und nicht mehr beweidbaren Flächen einstellen und die Anzahl der im Sommer für die Beweidung verfügbaren Monate wird kontinuierlich abnehmen. Erst bei mittleren Wasserständen von 0,1 m unter Gelände werden keine Torfverluste mehr erwartet. Die Auswirkungen der Maßnahmen auf den Pflanzenbestand wurden auf vegetationskundlichen Dauerquadraten und flächendeckend über die Biotoptypen 2017 und 2018 erfasst. Die Veränderungen fanden – bei nur geringen Veränderungen des Artenspektrums – vor allem bezüglich räumlicher Verteilung, der Flächenanteile von Vegetationstypen und ihrer kleinräumigen Ausdifferenzierung statt. Die Ergebnisse zeigen eine stetige aber langsame Zunahme des Auftretens feuchteliebender Arten und eine fortgesetzte Aushagerung. Auffällig war die Ausbreitung von Störzeigern (v.a. Binsen, Rasenschmiele) und von überwiegend konkurrenzstarken Arten. Das entsprechend den Zielvorstellungen erwünschte Einwandern von Arten der Sumpfdotterblumenwiesen wurde – mit wenigen Ausnahmen - nach wie vor nicht festgestellt. Im Rahmen des E+E-Vorhabens wurde auf das Einbringen von Diasporen erwünschter Pflanzenarten verzichtet. Auf Flächen, deren Bewirtschaftung bereits heute schwierig ist, könnte dies künftig eine sinnvolle Option darstellen. Die Ergebnisse zeigen, dass diese Entwicklung auch weit über das Ende des E+E-Vorhaben „Osterfeiner Moor“ hinaus andauert. Entscheidend ist – neben der Rückhaltung des Oberflächenwassers im Winterhalbjahr – der Verzicht auf Düngung und intensive Nutzung. Im Rahmen der avifaunistischen Untersuchungen (Brutvögel) wurden neben Daten des E+E-Vorhabens (1998 – 2005) Erfassungen des Naturschutzringes Dümmer e.V. (1994 – 2011, 2013 – 2017) sowie weitere publizierte Daten ausgewertet. Für Kiebitz und Großen Brachvogel zeigte sich eine positive Entwicklung, für Uferschnepfe und Bekassine eine negative. Trotzdem war der Bruterfolg bei der Uferschnepfe ausreichend für den Populationserhalt. Vergleichend wurden auch die Entwicklungen im angrenzenden Gesamtgebiet des Osterfeiner Moores, Niedersachsen und Deutschland betrachtet. Die positive Entwicklung der Brutbestände von Kiebitz und Großem Brachvogel war vom (negativen) Trend in Deutschland bzw. Niedersachsen abgekoppelt. Die Ergebnisse zeigen, dass die teilweise positive Entwicklung auch weit über das Ende des E+E-Vor-haben „Osterfeiner Moor“ hinaus andauert. Im Rahmen der landwirtschaftlichen Untersuchungen erfolgte eine Reihe von Erhebungen in den einzelnen Aufgabenbereichen. Hierzu zählten die Aufnahme und Analyse der naturschutzorientierten Flächennutzung, die Feststellung und Bewertung des Trophiestatus des Gebietes, die Bemessung der Aufwuchsleistung der Grünlandnarben sowie deren Verwertbarkeit in den extensiven Verfahren der Tierhaltung. Letztere war Voraussetzung für weitergehende Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit der praktizierten Flächennutzung als einem wichtigen sozioökonomischen Kriterium in der Gebietskulisse. Außerdem wurden 2016 Bodenproben auf Nährstoffe und Graskonservate (Heu und Ballensilagen) auf futterwertbestimmende Inhaltsstoffe hin untersucht. Für den Pflanzenbestand erfolgte eine funktionelle Bestandsbewertung im Sinne der agrarischen Nutzung. Im Bereich der Sozioökonomie erfolgten Befragungen der Pächter und der Einsatz eines schematisierten Erhebungsbogens. Die räumliche Verteilung der drei Nutzungsarten (Weide, Mähweide und Wiese) zeigt ein mosaikartiges, heterogenes Flächennutzungsmuster, wie es für den Wiesenvogelschutz als vorteilhaft angesehen wird. Dies ist auch das Ergebnis der Verpachtungsstrategie des E+E-Vorhabens zur Einbeziehung regionaler Familienbetriebe (statt z.B. ein großes Landschaftspflegeunternehmens). Positiv hervorzuheben ist ebenfalls, dass es bis dato noch zu keiner Nutzungsaufgabe/Flächenbrache kam. Die Aushagerung führte zu einem deutlichen Rückgang der Phosphorversorgung, zwei Drittel des Vorhabensgebietes wiesen 2017 nur noch eine niedrige bzw. sehr niedrige P-Versorgung (Nährstoffgehaltsklassen A und B) auf. Die Kaliumversorgung zeigte nur bei 8 % des Vorhabensgebietes Unterversorgung (Gehaltsklassen A und B). Stickstoff steht nach wie vor ausreichend zur Verfügung. In der Vegetationsphase werden im Osterfeiner Moor ca. 42 kg N/ha durch den Aufwuchs gebunden und bei Schnittnutzung entzogen; dies entspricht dem oberen Bereich der in vergleichbaren Studien auf extensiv genutztem Niedermoorgrünland festgestellten Entzügen. Die Nettoschnittleistung 2017 hat sich gegenüber 2003 leicht verringert, während sich die Nettoweide-leistung nicht signifikant verändert hat. Grundsätzlich zeigen die Ergebnisse, dass die Aufwüchse die tierische Verwertung energetisch limitieren. Der Futterwert liegt mit lediglich 4,31 NEL MJ kg TM-1 in einem Bereich, der den Energiebedarf für trockenstehende Mutterkühe nur knapp deckt. Aus diesem Grund wird von den Heuproduzenten im E+E-Gebiet auch vorrangig eine Vermarktung im Bereich der Pferdehaltung angestrebt, da dort die Anforderungen an den Energiegehalt vergleichsweise gering sind. Das trifft allerdings nicht auf die hygienische Qualität des Grobfutters zu, was die Vermarktung in diesem Segment nach Auskunft der Flächennutzer zunehmend erschwert. Für den Heuverkauf ergeben sich für die Jahre 2016 und 2017 negative Deckungsbeiträge. Erst durch die auf die Flächen umgeschlagene Betriebsprämie wird der Deckungsbeitrag positiv (2016: 277,10 € ha-1, 2017: 197,74 € ha-1). Aus dem Deckungsbeitrag ohne Betriebsprämie würde sich für den Landwirt eine Entlohnung von -5,96 € Akh-1 (2016), bzw. -32,42 € Akh-1 (2017) ergeben. Auch bei der Mutterkuhhaltung fallen die Deckungsbeiträge ohne Prämie nahezu ausnahmslos negativ aus. Den größten Einfluss auf die Deckungsbeitrags-Wahrscheinlichkeiten haben die Markterlöse durch den Tierverkauf. Da diese eine starke Qualitätsabhängigkeit aufweisen, unterstreicht dieser Aspekt die Notwendigkeit der Realisierung hoher Einzeltierleistungen auch unter den Bedingungen der Extensivweide. Es zeigt sich, dass das Produktionsverfahren der Mutterkuhhaltung selbst mit Erhalt der Prämienzahlungen nicht bei jeder Preis- und Erlöskonstellation wirtschaftlich zu gestalten ist. Die Wissenschaftliche Nachuntersuchung zum E+E-Vorhaben „Osterfeiner Moor“ hat als Instrument der Erfolgskontrolle und Langzeitbeobachtung viele wertvolle Ergebnisse gebracht. Es ist es gelungen, auch nach Ende der Hauptuntersuchung auf der Basis der erzielen Ergebnisse die weitere Bewirtschaftung bzw. Pflege zu organisieren. Nach Abschluss der Hauptuntersuchung wurden mit vielen Pächtern neue Pachtverträge abgeschlossen, wobei Erkenntnisse aus den erzielten Ergebnissen eingeflossen sind. Die meisten Pächter waren schon Teilnehmer der Hauptuntersuchung. Dem Landkreis Vechta als Eigentümer und Verpächter steht die Naturschutzstation Dümmer des NLWKN zur weiteren fachlichen Beratung zu Verfügung. Die sozioökonomischen Rahmenbedingungen werden von der europäischen und nationalen Agrarpolitik wesentlich beeinflusst. Die Strategie der Auswahl lokaler Familienbetriebe war im Vorhabensgebiet bisher erfolgreich. Erkennbar ist, dass der bisher vorherrschende bäuerliche Familienbetrieb zugunsten deutlich größerer Betriebe zurückgedrängt wird. Dabei wird das wirtschaftliche Ergebnis der Bewirtschaftung von Naturschutzflächen weiter in den Vordergrund rücken. Die Ergebnisse zeigen, dass die Regelung der Grundwasserstände zwar die Sackung der Böden reduziert, aber nicht zum Stillstand bringen kann, solange eine Bewirtschaftung der Flächen angestrebt wird. Die Nutzung wird zunehmend schwieriger werden und in der jetzigen Form nicht dauerhaft möglich sein. Eine im strengen Sinne nachhaltige Grünlandbewirtschaftung ist auf Niedermooren praktisch nicht umsetzbar. Die Klimarelevanz der Maßnahmen im Vorhabensgebiet ist grundsätzlich positiv zu werten, wenn man sie mit den Effekten intensiver Nutzung vergleicht. Die Flächen emittieren aber weiterhin Kohlendioxid. Bei einer Kohlendioxidabgabe von 10 € je Tonne würden Kosten von 105 bis 177 € je Hektar und Jahr zu entrichten und bei 35 € je Tonne Kohlendioxid 367,50 bis 619,50 € je Hektar und Jahr. Für weitere Naturschutzmaßnahmen ist zu berücksichtigen, dass Naturschutzziele durchaus höher zu bewerten sind als Klimaschutzziele. Wenn keine Bewirtschaftung der Flächen mehr erfolgt, kann die Klimarelevanz noch besser ausfallen, da dann auch eine Vernässung der Oberböden im Sommer möglich ist. Optimal wäre die Akkumulation von Kohlenstoff durch eine torfbildende niedermoortypische Vegetation. Dies ist mittelfristig allerdings ein unrealistisches Szenario. Zur Optimierung der Wasserstände ist eine weitere Arrondierung durch Flächenerwerb sinnvoll. Zurzeit muss noch Wasser von Oberliegern dem Vorfluter Hunte zugeleitet werden, was die Vorhaltung entsprechender Grabenquerschnitte und Sohltiefen bedingt. Die Entwicklung der Wiesenbrüterpopulationen ist artspezifisch unterschiedlich zu bewerten. Die Ergebnisse zeigen für Kiebitz und Großem Brachvogel weiter eine positive Entwicklung, die auch nach Abschluss der Hauptuntersuchung andauert. Für die Uferschnepfe wurde eine negative Entwicklung festgestellt, für die Bekassine eine indifferente. Problematisch ist weiterhin der durchgehend zu geringe Bruterfolg. Bei Betrachtung des gesamten Osterfeiner Moores und der Dümmerregion befindet sich in diesem Raum einer der bedeutendsten Wiesenvogellebensräume in Niedersachsen und Deutschland. Die Verknüpfung des Naturschutzzieles „Wiesenvogelschutz“ mit dem Instrument „ökologisch angepasste Landwirtschaft“ im E+E-Vorhaben „Osterfeiner Moor“ hat gezeigt, dass dieser Ansatz einen sinnvollen und machbaren Weg darstellt, dem Ziel näher zu kommen. Die Betonung liegt hierbei auf „Weg“ - ein Weg, auf den von außen zahlreiche Faktoren einwirken und auf dem es immer wieder gilt, geeignete Maßnahmen zu erproben und weiter zu entwickeln., research