Husserl erklart in seinen Cartesianischen Meditationen die Analyse der „Selbstkonstitution“ des Ich zu einer Kernaufgabe seiner transzendentalen Phanomenologie (Hua I, § 31, S. 100; Hua I, § 33, S. 102). Die Perspektive, in der dies in den Cartesianischen Meditationen geschehen soll, wird durch deren Leitthese vorgezeichnet, dass „das ego in sich Anderes, Objektives konstituiert“ (Hua I, S. 118). Hierin kommt ein Vorverstandnis der transzendentalen Subjektivitat zum Ausdruck: Das ego kann offensichtlich nur dann in sich Anderes konstituieren, wenn es seine spezifische Qualitat als ego in den Konstitutionsprozess einbringt, diese also nicht erst durch ihn generiert wird. In den Cartesianischen Meditationen geht Husserl somit davon aus, dass die spezifische Qualitat des ego dem Konstitutionsprozess als Bedingung der Moglichkeit zugrunde liegt. Was die Rede von der Selbstkonstitution des ego in dieser Perspektive besagt, wird in § 54 der Krisis-Schrift deutlich: Husserl vertritt dort die These, dass die „Seele“, die er als mundane Entitat und damit als Thema der Psychologie bestimmt, die „Selbstobjektivation des betreffenden transzendentalen Ich“ bilde (Hua VI, S. 190). Demnach vollzieht sich die Selbstkonstitution des Ich in der Weise, dass das Ich-Subjekt im Prozess der Weltkonstitution sich selbst als Objekt gegenubertritt. Laut § 54 der Krisis muss zwischen dem transzendentalen ego, welches dort als „Ur-Ich“ bezeichnet wird, und dem empirischen Ich strikt unterschieden werden (Hua VI, S. 187 ff.). Dass dieses Verstandnis der transzendentalen Subjektivitat kantischen Ursprungs ist, machen die historischen Partien der Krisis deutlich (vgl. Hua VI, S. 102). Die eindeutige Abgrenzung von transzendentaler und empirischer Subjektivitat in § 54 der Krisis schlagt die Brucke zu Husserls Cartesianischen Meditationen, wo er – ganz im Sinne Kants – dem „transzendentalen Psychologismus“ vorwirft, die „ganze neuzeitliche Philosophie beirrt und gelahmt“ zu haben (Hua I, § 61, S. 171). Dieser Bezug rechtfertigt es, das Verstandnis der Selbstobjektivation des Ich in § 54 der Krisis als Konkretisierung der Rede von dessen Selbstkonstitution in den Cartesianischen Meditationen aufzufassen, was insofern von systematischer Relevanz ist, als Husserl in der Krisis den Begriff der „Selbstzeitigung“ des Ich verwendet (Hua VI, S. 189), der in den Cartesianischen Meditationen fehlt: Dort wird die zeitliche Dimension der Erfahrung, die Husserl wiederholt als die tiefste Schicht des Konstitutionsprozesses bezeichnet hat (Hua III/1, S. 182; Hua IV, S. 102 f.; Hua XI, S. 125), nur summarisch behandelt.