Am Anfang des 21. Jahrhunderts sind in vielen Ländern starke Veränderungen in Warenflüssen und im Mobilitätsverhalten von Personen spürbar. Auf der einen Seite entwickelt sich eine globalisierte Welt, in der Arbeitsteilung und die Erschließung neuer Märkte den Warentransport massiv ansteigen lassen. Auf der anderen Seite verändert sich das Mobilitätsverhalten der Menschen: mehr Freizeitverkehr in den Industrieländern, mehr Nachfrage nach motorisiertem Verkehr in Entwicklungs- und Schwellenländern. Es wird erwartet, dass diese Entwicklung zu einem Anstieg der verkehrsbezogenen negativen Externalitäten führen wird, wie z.B. Stauerscheinungen, lokale Luftverschmutzung und Klimawandel. Aus diesem Grund sehen sich alle Nationen großen Herausvorderungen im Bereich der Verkehrs- und Infrastrukturplanung gegenüber. Es wird nötig sein – neben technischen und regulativen Interventionen – weitere politische Maßnahmen zu entwickeln, welche auf Verhaltensänderungen der Bürger abzielen. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich diese Arbeit mit möglichen Verbesserungen einer angewandten Nutzen-Kosten-Analyse (NKA), die sich durch die Berücksichtigung von heterogenen Nutzerpräferenzen und Nutzerattributen im Verhaltensmodell einer agentenbasierten Verkehrssimulation ergeben können. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Bewertung positiver und negativer Wirkungen auf die Gesellschaft, die sich aufgrund von politischen Maßnahmen ergeben könnten. Dafür werden mehrere hypothetische Maßnahmen in verschiedenen realen Szenarien eingeführt und Änderungen im Mobilitätsverhalten, Änderungen in Abgasemissionen und Änderungen im individuellen Wohlfahrtsniveau werden berechnet. Insgesamt werden drei Arbeitspakete bearbeitet: 1. Analyse von Maßnahmen, welche die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt steigern, in Bezug auf Akzeptanzproblemene. 2. Entwicklung eines Modells zur Vorhersage von aggregierten und räumlich disaggregierten Änderungen fahrzeugspezifischer Warm- und Kaltstartemissionen. 3. Internalisierung von fahrzeugspezifischen, zeitabhängigen Emissionskosten mit Hilfe einer optimalen Luftschadstoffmaut. Das erste Arbeitspaket geht davon aus, dass in der Praxis einzelne Kennzahlen (wie z.B. das Nutzen-Kosten-Verhältnis) einen starken Einfluss auf die Bewertung von Verkehrsmaßnahmen haben; diese Zahl vernachlässigt allerdings Verteilungseffekte, die auf räumlich differenzierter oder personenspezifischer Ebene implizit entstehen. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, werden empirisch bestimmte, heterogene Kostenpräferenzen der Nutzer in das Verhaltensmodell der Verkehrssimulation eingeführt. Zunächst verbessert dies die Genauigkeit und die Vorhersagekraft des Modells. Außerdem zeigt sich, dass die sich ergebenden individuellen Nutzenveränderungen ein robuster Indikator für die Identifizierung von Gewinnern und Verlierern einer Maßnahme darstellt. In der ökonomischen Analyse werden dann zwei Aggregations- und Monetarisierungsmöglichkeiten durchgeführt und verglichen: der Ansatz über Zeitäquivalente und der Ansatz über Einkommensäquivalente. Für den Ansatz über Einkommensäquivalente deuten die Ergebnisse darauf hin, dass sowohl Maut als auch nicht-monetäre Maßnahmen, die eine Verkürzung der Reisezeiten zum Ziel haben, eine regressive Wirkung auf die Wohlfahrtsverteilung in der Gesellschaft haben können. Eine progressive (Einkommens)steuer zur Finanzierung der Maßnahme könnte aus diesem Grund u.U. nicht umverteilend wirken, da sie lediglich die individuellen Zahlungsbereitschaften zur Verbesserung des Services reflektiert. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Vergleich der beiden Ansätze es ermöglicht, Gründe für öffentlichen Widerstand zu identifizieren, der sich gegen Projekte wendet, die aus Sicht des üblichen NKA-Ansatzes ökonomisch sinnvoll erscheinen. Das zweite Arbeitspaket zeigt die technische Möglichkeit, heterogene Nutzerattribute – hier Fahrzeugattribute – in eine agentenbasierte Verkehrssimulation einzubeziehen. Ein neuartiges Emissionsberechnungstool (EMT) wird entwickelt, das detaillierte Luftschadstoff- und Klimawandelexternalitäten berücksichtigt. Hochdifferenzierte Warm- und Kaltstartemissionen, die von Fahrzeugtyp, Verkehrszustand und Aktivitätendauer abhängen, werden im Rahmen mehrerer hypothetischer Erhöhungen der distanzabhängigen Autonutzerkosten berechnet. Es zeigt sich, dass die Preiselastizitäten der Emissionen höher sind als die der Verkehrsnachfrage. Dies bedeutet, dass das Modell in der Lage ist die positiven Effekte von Stauauflösung auf das Emissionsniveau zu beschreiben. Eine räumlich hoch aufgelöste Analyse zeigt allerdings, dass die Emissionen pro Fahrzeugkilometer auf Hauptverkehrsstraßen und tangentialen Autobahnen ansteigen. Dies verringert die Effizienz des Systems in Bezug auf die Emissionen pro Fahrzeugkilometer. Auf urbanen Straßen sinken diese spezifischen Emissionen hingegen. Dies erhöht die Effizienz des Systems diesbezüglich. Obwohl letzterer Effekt ersteren dominiert zeigt dies, dass das EMT den Effekt einer emissionsoptimalen Geschwindigkeit um 60 km/h widerspiegelt, welcher auch in Realität auftritt. Das letzte Arbeitspaket zielt darauf ab die Entscheidungsfindung innerhalb einer NKA zu verbessern indem eine optimale Luftschadstoff-Maut berechnet wird. Dazu wird die Ausgabe des EMT verwendet, welches im zweiten Arbeitspaket entwickelt wurde. Es wird ein neuartiger Ansatz vorge- stellt, mit dem eine fahrzeugspezifische, zeitabhängige Luftschadstoff-Maut berechnet werden kann. Ein Vergleich dieser Internalisierungsstrategie zu den Wirkungen einer regulativen Maßnahme – eine Reduktion der Höchstgeschwindigkeit in der Innenstadt auf 30 km/h – zeigt, dass letztere Maßnahme deutlich weniger zur Reduzierung der Gesamtemissionen beiträgt. Die regulative Maßnahme führt sogar zu höheren Ineffizienzen als der Bezugsfall: dies impliziert generalisierte Preise oberhalb des ökonomischen Optimums für Stadtbewohner und generalisierte Preise unterhalb des ökonomischen Optimums für Pendler und Güterverkehr. Die Resultate zeigen auch, dass die Luftschadstoff-Maut auch Zeitverluste reduziert und somit implizit eine Staubepreisung darstellt. Auch wenn eine optimale Maut tendenziell eher ein theoretisches Konstrukt ist, kann gezeigt werden, dass der verwendete Ansatz dafür geeignet ist, Verkehrsmaßnahmen zu bewerten, die auf eine Reduktion von Luftschadstoffemissionen in Metropolregionen abzielen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass diese Arbeit mehrere strukturelle Probleme im Bereich der aktuellen quantitativen Bewertung von Verkehrsmaßnahmen herausarbeitet. Anhand verschiedener Fallbeispiele wird gezeigt, wie durch Fortschritte in agentenbasierten Verkehrssimulationen wertvolle zusätzliche Informationen sowohl für Entscheidungsträger als auch für öffentliche Beteiligungsverfahren bereitgestellt werden können. Die Einführung heterogener Nutzerpräferenzen und Nutzerattribute beschreibt zwar vermutlich reales Verhalten präziser; abschließend kommt die Arbeit allerdings zu dem Schluss, dass die Frage wie Gewinne und Verluste verschiedener Individuen gegeneinander aufgewogen werden normativ festgelegt werden muss, möglichst im Rahmen gesellschaftspolitischer Diskussionen. At the beginning of the 21st century, many countries are experiencing major changes in commodity flows and in people’s mobility. On the one hand, a globalized world is evolving where division of labor and new markets lead to a strong increase in freight transport. On the other hand, people’s mobility patterns are shifting: more leisure related travel in the industrialized countries, more demand for motorized transport in the developing countries. This is expected to lead to an increase of transport-related negative externalities such as congestion, local pollution, and climate change. For this reason, all nations face major challenges in the field of transport infrastructure and policy planning: Political interventions need to be developed which—in addition to technological and regulatory measures—aim for behavioral changes of people. Against this background, the thesis concerns possible improvements in applied Benefit-Cost Analysis (BCA) that can be obtained when introducing heterogeneous user preferences and user attributes into the behavioral model of an agent-based transport simulation. The thesis focuses on the valuation of positive and negative effects for society that might be caused by policy interventions. Several hypothetic policies are introduced in different real-world scenarios, and changes in mobility patterns, changes in exhaust emissions, and changes in well-being are calculated for every individual of the population. In total, three work packages are treated: 1. Analysis of public acceptance problems of transport policies that increase overall welfare for society. 2. Development of a model to forecast the aggregated and spatially disaggregated changes of vehicle-specific warm and cold start emissions. 3. Internalization of vehicle-specific, time-dependent emission costs by a first-best air pollution toll. The first work package claims that, in practice, a single figure—such as Benefit-Cost Ratio (BCR)—has a strong impact when deciding about transport policies; however, this figure omits implicit distributional effects that emerge on geo-spatial or inter-personal levels. To correct for this, empirically determined, heterogeneous costs preferences of users are introduced into the behavioral model of the transport simulation. This is found to improve the accuracy and forecast ability of the model. Furthermore, the resulting individual utility differences are found to be robust figures for the identification of winners and losers of the policy. For economic analysis, two aggregation and monetization procedures are performed and compared: the time equivalent and the income equivalent approach. Following the income equivalent approach, the results indicate that road user pricing schemes, but also non-monetary policies that aim at shortening travel times, can have regressive impacts on the welfare distribution of society. A progressive (income) tax to finance the measure might therefore not be re-distributive, but might only reflect the individual willingness-to-pay for improving the corresponding services. Finally, the comparison of the two approaches proves to help identifying possible reasons for public refusal of transport policies that are—according to standard BCA—economically beneficial. The second work package proves the technical feasibility of including heterogeneous user attributes—namely vehicle attributes—into the agent-based transport simulation. A novel Emission Modeling Tool (EMT) is developed to account for detailed air pollution and climate change externalities. Highly differentiated warm and cold start emissions that depend on vehicle types, traffic states, and activity durations are calculated for several hypothetical price changes in car user costs. Aggregated price elasticities of emissions are found to be higher than those of demand. That is, the model is found to capture the positive effects of congestion relief on emission levels. However, a spatially disaggregated analysis shows for high-speed arterials and tangential motorways that average emissions per vehicle kilometer rise. This decreases the efficiency of the system in terms of emissions per vehicle kilometer. In contrast, average emissions per vehicle kilometer drop in urban areas. This increases the efficiency of the system in terms of emissions per vehicle kilometer. Even though the latter effect is dominating the first, the results indicate that the EMT captures the effect of an emission optimal speed around 60 km/h which is also found in reality. The last work package aims at improving decision support in the BCA framework by calculating first-best air pollution tolls. It builds up on the output of the EMT developed in work package two. A novel approach is presented to calculate vehicle-specific, time-dependent air pollution tolls. Comparing this internalization policy to a regulatory measure—a speed limitation to 30 km/h in the inner city—shows that the latter policy is considerably less successful in terms of total emission reduction. It even yields higher inefficiencies than a ‘do-nothing’ strategy. That means generalized prices beyond the economic optimum for urban travelers and generalized prices below the economic optimum for commuters and freight traffic. Importantly, it is found that the air pollution toll implicitly reduces congestion and therefore works as a congestion pricing scheme. Even though the first-best toll is a rather theoretical concept, the approach proves to help designing transport policies that aim at reducing air pollution in metropolitan areas. In summary, this thesis highlights several structural issues in the context of current quantitative economic policy appraisal. By means of several Case Studies, it shows how advances in multi-agent transport models could provide valuable additional information for decision makers as well as for public participation processes. The introduction of heterogeneous user preferences and user attributes may capture people’s behavior more accurately; however, the thesis concludes that the question on how to weigh gains and losses of different individuals against each other remains a normative one, which has to be solved in socio-political discussions.