Gehen als Teil der alltäglichen Mobilität ist gesund, kostengünstig und für breite Teile der Bevölkerung nutzbar (Ausserer et al. 2013: 34f.). Zugleich tragen verschiedene Faktoren dazu bei, dass der Fußverkehr an Attraktivität einbüßt – darunter ganz zentral das Empfinden von Stress im Straßenraum. Ziel des NRVPProjektes „Cape Reviso“ ist es, Wissen über das Zusammenspiel von Stress und Zufußgehen zu generieren. Dabei wurde speziell untersucht, welche baulichen und sozialen Faktoren zum Empfinden von Stress bei Zufußgehenden im urbanen Raum führen können und welche Rolle soziale bzw. psychologische Charakteristika dabei spielen. Grundlage für den Stresstest war einer Studie mit 15 Teilnehmenden am Marienplatz in Stuttgart, der eine Vielzahl an Flächen- und Nutzungskonkurrenzen aufweist und durch eine große Nutzungsmischung sowie dem Status als Verkehrsknotenpunkt gekennzeichnet ist. Bei der Erhebungs- und Auswertungsmethodik) wurde ein triangulierendes Verfahren (Flick 2008: 12ff.) angewandt und durch einen Testlauf, während dem die Teilnehmenden mit einer Kamera und einem Abstandsmesser ausgestattet waren, die baulichverkehrlichen Einflussfaktoren einbezogen. Es wurden vier exogene (Raummangel, Unterbrechung der Wunschlinie, Lärm und die Qualität der Infrastruktur) und einige endogenen Einflussfaktoren, wie Geschlecht, Ortskenntnis und psychologische Merkmale, untersucht. Die exogene Einflussfaktoren wurden anhand der gemessenen Biomarker Hautleitfähigkeit und -temperatur in einen Algorithmus zur Detektion von „Moments of Stress“ überführt (nach Kyriakou et al. 2019). Die georeferenzierten Aufzeichnungen gaben Aufschluss über die räumliche Häufung von MOS und damit Hinweise auf (stress-)relevante Stellen am Untersuchungsort. Die meisten Häufungen an MOS befinden sich an großen, viel befahrenen Kreuzungen, wo mehrere Stressoren auf einmal wirken. Zudem gab es einen hohen Anteil an MOS dort, wo Gehsteige beispielsweise durch Stadtmobiliar verschmälert wurden. Die Analyse der endogenen Einflussfaktoren lieferte Ergebnisse dahingehend, dass die Frauen im Sample eher dazu neigten, Stress zu empfinden als die Männer. Ortskundige Menschen tendierten zu weniger MOS. Bei den psychologischen Charakteristika zeigte sich, dass die Faktoren Neurotizismus, Verträglichkeit und internale Kontrollüberzeugung die Entstehung von Stress eher beförderten. Sind Menschen eher extravertiert, offen, gewissenhaft, risikobereit und haben ein höheres Maß an externaler Kontrollüberzeugung, wiesen sie eine Tendenz zu weniger MOS auf. Identifiziert wurden zudem drei Clustergruppen (Zögerliche Einzelgängerinnen mit Pioniergeist, Sicherheitsabenteurerinnen, Sicherheitsabenteurer und sicherheitsaffine Einzelgänger), die in ihrem Stressempfinden ähnliche Muster aufweisen. Diese Cluster können als Vorlage dienen für weitere Untersuchungen der Wirkung von Planvorhaben der gebauten Umwelt auf bestimmte Gruppen von Zufußgehenden., Mobility, Knowledge and Innovation Hubs in Urban and Regional Development. Proceedings of REAL CORP 2022, 27th International Conference on Urban Development and Regional Planning in the Information Society, 701-711