1. Indikationsstellung zur Herzkatheteruntersuchung nach akutem Myokardinfarkt in Deutschland: Klinische Praxis vs. Richtlinien MITRA-Studie
- Author
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Rudolf Schiele, U. Burczyk, P. Limbourg, Armin Koch, M. Jakob, S. Schuster, Julia C. Senges, U. Gieseler, P. Hauptmann, K. Stuby, Thomas Voigtländer, G. Berg, and Glunz Hg
- Subjects
Gynecology ,medicine.medical_specialty ,business.industry ,medicine ,Myocardial disease ,Cardiology and Cardiovascular Medicine ,business ,Coronary heart disease - Abstract
Einleitung: Zwei Drittel der Infarktpatienten werden in Krankenhausern ohne Herzkathetermesplatze behandelt. Die Entscheidung zur Herzkatheteruntersuchung nach einem akuten Infarkt wird folglich haufiger in allgemeininternistischen als i kardiologischen Kliniken gestellt und gehort zur taglichen Routine. Das Ziel dieser Auswertung war es, die Einstellung der Arzte bezuglich der invasiven Diagnostik von Infarktpatienten im klinischen Alltag zu erfassen und die klinischen Parameter zu analysieren, die ihre Entscheidung beeinflussen. Methodik: Untersucht wurden 949 konsekutive Patienten mit akutem Myokardinfarkt, die in die MITRA-Pilotphase eingeschlossen wurden und die die Klinik lebend verlassen hatten. MITRA ist eine prospektive, multizentrische Erhebung, an der sich 54 Kliniken im sudwestdeutschen Raum beteiligten. Erfast wurden die Therapiegewohnheiten und der stationare Verlauf nach Infarkt. Ergebnisse: Die Halfte der aus dem Krankenhaus entlassenen Infarktpatienten erhielt eine invasive Diagnostik. Es bestand kein Unterschied zwischen Kliniken mit bzw. ohne Kathetermesplatz. 63% der Patienten unter 65 Jahre erhielten eine invasive Untersuchung, dagegen nur jeder 4. Patient uber 70 Jahre. Manner wurden doppelt so haufig untersucht als Frauen. Patienten mit einem Reinfarkt, einer manifesten Herzinsuffizienz oder einer mittel- bzw. schweren linksventrikularen Funktionsstorung und Patienten, die 4 Stunden nach Symptombeginn zur Aufnahme kamen, wurden seltener invasiv abgeklart. Die multi-variate Regressionsanalyse ergab drei unabhangige Pradiktoren, welche die Indikation zur Herzkatheteruntersuchung begunstigen: positives Belastungs-EKG (OR: 2,8; KI: 1,80–4,60); Patienten unter 70 Jahre, die kein Belastungs-EKG erhielten (OR: 2,18; KI: 1,5–3,18), und Patienten mannlichen Geschlechts (OR: 1,45; KI: 1,10–2,00). Die starksten unabhangigen Pradiktoren gegen eine Herzkatheteruntersuchung waren: Primar-Ballondilatation (OR: 0,2; KI: 0,09–0,46); Prahospitalzeit groser als vier Stunden (OR: 0,71; KI: 0,51–0,97) und die Kombination Alter uber 70 Jahre und kein Belastungs-EKG durchgefuhrt (OR: 0,78; KI: 0,55–1,11). Schlusfolgerung: In Deutschland wird die Indikation zur Koronarangiographie im Vergleich zum Ausland zuruckhaltender gestellt. Entgegen den Empfehlungen der kardiologischen Gesellschaften wird eine invasive Diagnostik haufiger bei Patienten mit einem niedrigen Risikoprofil (jungere Patienten, mannliches Geschlecht) durchgefuhrt als bei Hochrisikopatienten (Patienten mit Herzinsuffizienz, schwerer linksventrikularer Funktionsstorung oder altere Patienten). Nach dieser Datenlage besteht noch eine erhebliche Divergenz zwischen den Empfehlungen der kardiologischen Gesellschaften und der klinischen Praxis.
- Published
- 1999