Klinische Charakterisierung von Patienten mit Mutationen in LCA-assoziierten Genen Hintergrund: Lebersche kongenitale Amaurose (LCA) bezeichnet die schwerste und früheste Form aller erblichen Netzhauterkrankungen. Sie beginnt meist ab der Geburt oder im Laufe des ersten Lebensjahres und äußert sich mit ausgeprägter Sehbeeinträchtigung bis hin zu Blindheit. Bisher wurden über 20 krankheitsassoziierte Gene identifiziert, wobei CEP290 als eines der häufigsten beschrieben ist. Für Deutschland fehlen Informationen zur Prävalenz LCA-assoziierter Gene. Gleichzeitig steht die erste Gentherapie vor der Zulassung, und die klinische und genetische Charakterisierung ist essentiell, um Therapien vorzubereiten und geeignete Patienten(-gruppen) zu identifizieren. Ziele der Studie sind, eine Übersicht über die Prävalenz LCA-assoziierter Gene für eine der größten Kohorten Deutschlands zu geben, sowie eine ausführliche klinische Charakterisierung der Patienten (Genotyp-Phänotyp-Korrelation) durchzuführen. Methodik: Interne Datenbanken wurden abgefragt nach 1) Patienten mit klinischer Diagnose LCA und/oder 2) Patienten mit Mutationen in LCA-assoziierten Genen, unabhängig von ihrer Diagnose. Patienten mit rein klinischer Diagnose wurde eine molekulargenetische Untersuchung angeboten. Patienten mit Mutationen im CEP290-Gen wurden zu einer (erneuten) detaillierten ophthalmologischen Untersuchung eingeladen. Die klinischen Befunde zu den anderen Gengruppen wurden retrospektiv erhoben. Ergebnisse: 109 Patienten mit Mutationen in 16 Genen (AIPL1, CABP4, CEP290, CRB1, CRX, IFT140, IQCB1, LCA5, LRAT, NMNAT1, RD3, RDH12, RPE65, RPGRIP1, SPATA7, TULP1) konnten eingeschlossen werden. Die größte Gengruppe war für CEP290 (22 %), gefolgt von CRB1 (21 %), und RPE65 (14 %). Häufigste klinische Diagnose war LCA (52 %), gefolgt von Retinitis pigmentosa (40 %). Die häufigste Mutation, vorkommend bei 21 % der Patienten insgesamt bzw. 79 % der CEP290 Patienten, war CEP290 c.2991+1655A>G (p.C988*). Klinisch gab es ein Spektrum von schweren bis vergleichsweise milden Fällen. Allgemein zeigten die Patienten jedoch ein fortgeschrittenes Krankheitsbild. Eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation war schwierig, da zum einen innerhalb der Gengruppen viele verschiedene Mutationen vorlagen und sich zum anderen zwischen den 16 Gengruppen klinische Überschneidungen zeigten. Fazit / Ausblick: Unsere Studie schließt die Lücke zur Prävalenz der LCA-Subtypen in Deutschland und gibt erstmals eine detaillierte klinische und genetische Charakterisierung einer der größten Kohorten Deutschlands. Die Ergebnisse helfen dabei, kommende Gentherapien vorzubereiten, sowie betroffene Patienten besser beraten zu können. Für zukünftige Gentherapien wird der ursächliche Genotyp entscheidender sein als die klinische Diagnose. Um geeignete Kandidaten für derartige Therapien zu identifizieren, wird eine differenzierte Betrachtung aus Genetik, Patientenalter und OCT sowie anderen bildgebenden Verfahren nötig sein. Die besten Chancen bestehen voraussichtlich für junge Patienten mit einer (relativ) gut erhaltenen fovealen Dicke sowie erhaltenen Photorezeptoren.