q Hintergrund: Die aktuelle Atherosklerosetheorie sieht in Storungen der endothelialen Stickoxid-(NO-)Produktion eine Schlusselrolle in Bezug auf die Thrombogenitat der Gefaswand und einen Triggermechanismus morphologischer Veranderungen im Prozess zur stenosierenden Plaque. Entsprechend der bislang vorliegenden Studienlage durfte der Diagnostik einer gestorten endothelialen NO-Bioverfugbarkeit auch eine relevante prognostische Bedeutung in der Primarpravention kardiovaskularer Erkrankungen zukommen. Die Erfassung einer gestorten NO-Produktion kann risikolos, nichtinvasiv mit konventionellem hochauflosendem Ultraschall durchgefuhrt werden. Gerade bei Diabetikern wird analog dazu einer vorliegenden Mikroalbuminurie ein erhohtes Risiko kardiovaskularer Erkrankungen zugeschrieben. Unklar ist die Frage, ob eine Mikroalbuminurie damit als Ausdruck einer globalen endothelialen Dysfunktion aufzufassen ist oder ob andere Partialfunktionen des Endothels, wie die NO-Produktion, bereits vor Auftreten einer erhohten Albuminausscheidung gestort sind. q Probanden und Methodik: Daher wurde an 129 Probanden (56 Typ-2-Diabetiker und 73 Nichtdiabetiker) der Zusammenhang von endothelialer Vasotonusregulation (endotheliale NO-Produktion) mit dem Grad der renalen Albuminausscheidung untersucht. Die endotheliale NO-Produktion wurde als flussmediierte Vasodilatation (FMD) der Arteria brachialis mit einer 13-MHz-Linearsonde gemessen. Verglichen wurden Probanden mit gestorter endothelialer NO-Produktion (FMD 5%). q Ergebnisse: Bei normaler Albuminausscheidung (< 20 μg/min bzw. < 20 mg/l) konnten weder fur die Gruppe der Typ-2-Diabetiker noch fur die Gruppe der Nichtdiabetiker Unterschiede in der Albuminausscheidungsrate fur Probanden mit gestorter versus normaler FMD festgestellt werden (Diabetiker 4,8 ± 5,5 vs. 4,6 ± 5,1 mg/l bzw. Nichtdiabetiker 5,1 ± 2,6 vs. 4,9 ± 2,7 μg/min). Dabei waren die Gruppen ausgeglichen bezuglich der Pravalenz anderer Risikofaktoren des metabolischen Syndroms (systolischer/diastolischer Blutdruck, Glucosestoffwechsel, Lipidstatus). Auch ergab der Vergleich der FMD von Probanden mit bereits vorliegender Mikroalbuminurie (20–200 μg/min bzw. 20–200 mg/l, n = 18) gegenuber normoalbuminurischen Probanden (n = 111) weder fur die Gruppe der Diabetiker (FMD Median 4,3% [Spannweite 1,8–7,6] vs. 5,0% [Spannweite 1,1–9,1%]) noch fur die Gruppe der Nichtdiabetiker (FMD Median 4,7% [Spannweite 3,1–13,3%] vs. 5,2% [Spannweite −1,2–31,6%]) einen relevanten Unterschied. Allerdings zeigten sich hier die klassischen Risikofaktoren von relevantem Einfluss. So wiesen insbesondere in der Gruppe der Nichtdiabetiker Probanden mit Mikroalbuminurie bereits hohere Blutdruckwerte (p = 0,05) und einen hoheren Bodymass-Index (p < 0,01) auf. q Schlussfolgerung: Die dargestellten Ergebnisse fuhren zu dem Schluss, dass beide Testverfahren (Bestimmung der Albuminausscheidung und der endothelabhangigen Vasodilatation) zwei voneinander unabhangige Storungen der Gefaswand erfassen. Zudem konnen entsprechend den Ergebnissen Storungen der endothelialen NO-Produktion bereits vor erhohten Albuminausscheidungsraten vorliegen. Im Sinne einer echten Fruhdiagnostik kardiovaskularer Risikogruppen sollte deshalb die periphere Endothelfunktionstestung erganzend zur Bestimmung der renalen Albuminausscheidung durchgefuhrt werden.