Entgegen zahlreicher Widerstande haben wir 2005 in der Asklepios Klinik Nord Ochsenzoll in Hamburg eine „Behandlungseinheit fur Frauen“ (BeF), die nicht nur ausschlieslich Frauen behandelt, sondern auch aus einem ausschlieslich weiblichen Therapeutenteam mit Arztinnen, Psychologinnen, Ergound Tanztherapeutinnen besteht, eroffnet. Behandelt werden schwerpunktmasig Patientinnen mit Traumafolgestorungen (z.B. PTBS, dissoziative Storungen) sowie Frauen mit allgemeinpsychiatrischen Diagnosen, die den Wunsch haben, auf einer Frauenstation behandelt zu werden. Sehr haufig horten wir das Argument, dass reine Frauenstationen antiquiert waren, und letztlich nur einen Ruckschritt in das „tiefe Mittelalter“ der Psychiatriegeschichte sind. In der Tat herrschte in der psychiatrischen Versorgung bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts eine Geschlechtertrennung, welche mannliche und weibliche Patienten weitgehend voneinander isolierte. Im Zuge der Humanisierung und Normalisierung der Psychiatrie, die sich in erster Linie gegen die restriktiven, deprivierenden und hospitalisierenden Krankenhauszustande wandte, setzte sich erst in den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts eine Mischung der Geschlechter auf den psychiatrischen Stationen durch, die durch die Psychiatrieenquete 1975 noch einmal ausdrucklich empfohlen wurde. Man erhoffte sich von der Geschlechtermischung in erster Linie eine weitgehende Normalisierung der therapeutischen Gemeinschaft der Patienten analog der Welt auserhalb der Klinik. Der meistgeauserte Kritikpunkt gegenuber unserer Behandlungseinheit fur Frauen war, dass eine Trennung von Frauen und Mannern eine kunstliche Spaltung der Welt suggeriere. Dadurch wurden Frauen mangels Kontakt oder Auseinandersetzung mit Mannern die Halfte der Realitat ausblenden und sich kokonartig in eine irreale Schonwelt zuruckziehen, die spatestens bei der unvermeidlichen Ruckkehr in die Realitat wie eine Seifenblase zerplatze. Als weiteres Argument gegen eine Geschlechtertrennung wurde die moglicherweise verdeckte Implikation von Schuldzuweisungen an das mannliche Geschlecht angefuhrt: Gerade bei einer Frauenstation mit dem Schwerpunkt der Traumatherapie lage die Gefahr darin, Frauen einseitig als Opfer und Manner als Tater zu stigmatisieren und damit demMann per se offen oder verdeckt die Taterrolle zuzuschreiben. Die Verfestigung eines einseitigen und problematischen Mannerbildes ware dann die Folge. In Anbetracht des heutigen Wissensstandes greift jedoch die Frage, ob eine Frauenstation per se sinnvoll ist oder nicht, zu kurz. Eine differenziertere Frage ware, unter welchen Bedingungen eine Behandlungseinheit fur Frauen fur welche Patientinnen sinnvoll ist. In der gegenwartigen Gesundheitsforschung ist eine geschlechtsdifferente Betrachtung von Erkrankungen ein zunehmend aktueller werdendes Thema. Frauenspezifische Fragestellungen werden nicht mehr nur im angloamerikanischen Raum, sondern zunehmend auch in Deutschland rezipiert und finden Eingang in gesundheitspolitische Konzepte [1–3]. Dennoch liegt die konkrete Versorgungsrealitat psychiatrischer Patienten und Patientinnen weit hinter den aktuellen Forschungserkenntnissen uber Geschlechterdifferenzen zuruck, sodass geschlechtersensible Therapieangebote in der Psychiatrie bislang noch eine Raritat sind. Besonders erstaunlich ist, dass es ausgerechnet fur traumatisierte Patienten und Patientinnen kaum geschlechtsspezifische Angebote in der Psychiatrie gibt. Unterliegen doch gerade Gewalterfahrungen einer geschlechtsspezifischen Haufung und Uberformung [4,5]. Vor allem unter psychiatrischen und psychosomatischen Patienten und Patientinnen in stationaren Institutionen liegen allein die Pravalenzdaten von sexuellem MissPro