Die Frage nach der Identifizierung der Gegner im Galaterbrief spielt in der neutestamentlichen Forschung eine wesentliche Rolle, zumal sowohl die Einschätzung der groben Stoßrichtung als auch diejenige der konkreten Argumentationsführung dieses paulinischen Schreibens von der Beantwortung der Gegnerfrage nicht unwesentlich beeinflusst werden. Trotz aller Schwierigkeiten, die mit dieser Frage verbunden sind, kann eine Mehrheitsmeinung dahingehend konstatiert werden, dass es sich um jüdische oder judenchristliche Missionare handelt, welche die heidnischen Galater zu einer Orientierung am jüdischen Gesetz und zur Übernahme von Tora-Vorschriften bewegen wollten. Der vorliegende Beitrag plädiert auf der Basis textkritischer Beobachtungen gegen diese vorherrschende Meinung und schlägt eine Identifizierung der Gegner als „judaisierende Heidenchristen" vor. Diese Zuschreibung führt zu einer Neubewertung der Argumentationsführung des Galaterbriefs, denn vor dem Hintergrund einer solchen Gegneridentifikation legt sich die Annahme nahe, dass sich Paulus mit einer fehlerhaften Perspektive von Heidenchristen auf das Judentum sowie mit einem damit grundsätzlich zusammenhängenden Kategorienfehler im Blick auf die soteriologische Funktion der Tora auseinanderzusetzen hatte. Der Beitrag verdeutlicht zudem, dass zur Abfassungszeit des Galaterbriefs offenbar noch eine klare Differenzierung zwischen Christen mit jüdischer Identität und solchen mit einem paganen Hintergrund auszumachen ist, eine Differenzierung, die jedoch im Zuge der neutestamentlichen Textüberlieferung mehr und mehr verwischt wurde. The question of the identification of Paul's opponents in Galatians plays an important role in New Testament research, especially since both the assessment of the general message and the concrete argumentation of this Pauline letter are significantly shaped by the answer to the question of the opponents. In spite of all the difficulties connected with this question, the majority view is that the opponents in Galatia are Jewish or Jewish-Christian missionaries who wanted to persuade the Gentile Galatians to orient themselves towards Jewish law and to adopt Torah regulations. Based on text-critical observations, this article argues against this prevailing opinion and proposes an identification of the opponents as "Judaising Gentile Christians". This attribution leads to a re-evaluation of the argumentation of Galatians because, against the background of such an identification of the opponents, there are good reasons to think that Paul had to deal with an erroneous perspective of Gentile Christians on Judaism as well as a related misunderstanding about the soteriological function of the Torah. The article also suggests that at the time of writing, a clear differentiation between Christians with a Jewish identity and those with a pagan background can still be discerned, a differentiation that became more and more blurred in the course of the New Testament textual tradition. [ABSTRACT FROM AUTHOR]