Gelenkverletzungen bzw. Verletzungen des Knorpels können langfristig durch auftretende inflammatorische und degradative Prozesse in einer post-traumatischen Arthrose resultieren. Um dies zu unterbinden ist eine frühzeitige Behandlung von Knorpeldefekten notwendig, allerdings sind derzeitig in der Klinik angewandte Behandlungsmethoden in ihren erzielten Resultaten noch nicht zufriedenstellend. Zur Entwicklung neuartiger und innovativer Therapieansätze, welche auch die vorliegende Gewebelimiation umgeht, könnten Gewebe bzw. Zellen xenogenen Ursprungs zur Knorpeldefekt-Behandlung verwendet werden. Das Ziel der vorliegenden Promotionsarbeit bestand darin, Strategien der Einbeziehung eines xenogenen Biomaterials bzw. xenogener, genetisch modifizierter Chondrozyten zu untersuchen. Die Verwendung von porzinen Geweben bzw. Zellen stellen eine Herausforderung dar, da die Anwendung am Menschen zu einer Abstoßungsreaktion, aufgrund präformierter xenoreaktiver Antikörpern, führt. Durch die Bindung dieser humanen Antikörper an sogenannte Xenoantigene auf der porzinen Zelloberfläche wird die hyperakute Abstoßung (HAR) über eine Aktivierung des Komplementsystems initiiert. Zur Überwindung dieser Barriere werden unterschiedliche Strategien wie die Einbeziehung einer Gewebe-Dezellularisierung oder genetischen Modifikation der Spender-Tiere, verfolgt. Das für die Untersuchungen verwendete Biomaterial wurde von den Projektpartnern anhand einer nasschemischen Dezellularisierung aus dem porzinen nasoseptalen Knorpel hergestellt. Die Prozessierung des Nasenseptumknorpels resultiere in einer Proteoglykan-Depletion und das Grundgerüst aus dem für hyalinen Knorpel typischen Kollagen Typ II blieb erhalten. Erstmalig wurde in einer in vitro Komplement-Aktivierungsanalyse gezeigt, dass das Scaffold, bestehend aus dezellularisiertem Nasenseptumknorpel (DNSC), zu keiner gesteigerten C5a und C3a-Generation führte und vergleichbare Resultate wie das zugelassene und klinisch bewährte Biomaterial Chondro-Gide® erzielte. In vitro Besiedlungsstudien ergaben, dass der DNSC nur partiell mit multipotenten mesenchymalen Stromazellen (MSC) und chondrogenen Stamm-/Progenitorzellen (CSPC) rezellularisiert werden konnte. Optimierungsversuche, in Form einer mechanischen Vor- bzw. Nachbehandlung mittels einer Drop-Tower Apparatur bzw. Modifikation der Dezellularisierungsmethode hinsichtlich des NaOH-Schrittes, waren nicht zielführend. Daher sollte der porzine DNSC mit einem migrationsfördernden Wachstumsfaktor zur Verbesserung der Zelleinwanderung funktionalisiert werden. Für ein Set an potenziellen Kandidaten wurden migrationsfördernde Effekte auf MSC und CSPC nachgewiesen, darunter filtriertes Plättchen-Lysat, Platelet-derived growth factor subunit B (PDGFB) und Insulin-like growth factor 1 (IGF1). Die Zytokine Interleukin 1 beta (IL1B) und Tumor necrosis factor alpha (TNF), welche im inflammatorischen Milieu eines Knorpeldefekts eine zentrale Rolle spielen, hemmten jedoch - im Gegensatz zu MSC - die basale und PDGFB- bzw. IGF1-stimulierte Migration der CSPC. Diese unerwünschte Wirkung der Zytokine konnte durch die Inhibitoren Infliximab (anti-TNF Antikörper) bzw. IL1RA (Rezeptor-antagonist) aufgehoben werden. Basierend auf diesen Ergebnissen wurde der DNSC mit dem Wachstumsfaktor PDGFB oder dem TNF-Inhibitor Infliximab augmentiert. Eine erfolgreiche Funktionalisierung des DNSC und die biologisch-aktive Freisetzung von migrationsfördernden Konzentrationen beider Faktoren konnte bestätigt werden. Im nächsten Schritt sollten die verschiedenen DNSC-Varianten (nativ, PDGFB- und Infliximab-augmentiert) erstmalig in einer in vivo Studie am Kaninchen zur Behandlung eines osteo-chondralen Defekts der medialen Femurkondyle auf ihre Bioverträglichkeit, Implantat-Integration und Regeneration untersucht werden. Eine gegenüber dem Leerdefekt vergleichbare Präsenz von Inflammationsmediatoren in der Synovialflüssigkeit vier Wochen nach Implantation gab einen ersten Hinweis auf eine Bioverträglichkeit der DNSC-Varianten. Die Integration in das umliegende Gewebe erfolgte partiell und ausschließlich im Bereich des subchondralen Knochens. Zum frühen Analysezeitpunkt konnte allerdings nur vereinzelt eine Zellinfiltration in den DNSC festgestellt werden. Weiterhin waren nur im Regenerationsgewebe der Grenzzone Kollagen Typ II und an vereinzelten Stellen Proteoglykane nachweisbar. Die zweite xenogene Strategie befasste sich mit einer Charakterisierung von Chondrozyten genetisch modifizierter Schweine. Um eine Inhibition der HAR zu erzielen, bietet sich ein Gen-Knockout der für die Synthese der Xenoantigene α-1,3-Gal und Neu5Gc verantwortlichen Enzyme (GGTA1 und Neu5Gc) und/oder eine Expression humaner Komplement-Regulatorproteine (CD46, CD55, CD59) an. Weiterhin können Gene anti-inflammatorischer Proteine wie Hämoxyenase-1 (HMOX1) und Tumor necrosis factor alpha induced protein 3 (TNFAIP3) zur Reduktion inflammatorischer Reaktionen inkorporiert werden. Von den Projektpartnern wurden 5 verschiedene genetische Schweine-Varianten hergestellt: 1) GGTA1-Knockout (GalTKO); 2) GGTA1- und CMAH-Knockout (GalT/ CMAHKO); 3) transgene Expression der humanen Gene CD46/CD55/CD59/TNFAIP3/ HMOX1 (TG); 4) GGTA1-Knockout plus TG (GalTKO/TG); 5) GGTA1- und CMAH-Knockout plus TG (GalT/CMAHKO/TG). Die artikulären Chondrozyten dieser Schweine wurden auf ihren chondrogenen Phänotyp untersucht und ihre xenoprotektiven Eigenschaften auf ver-schiedenen Stufen einer Komplement-Aktivierung charakterisiert. Auf Gen-, Proteinebene oder anhand funktioneller Assays konnte die Funktionalität des singulären GGTA1- bzw. des Doppel-Knockouts von GGTA1 und CMAH, sowie eine Expression von humanem CD55, CD59 und TNFAIP3 bestätigt werden. Dahingegen war eine CD46- und HMOX1-Expression auf Proteinebene nicht detektierbar. Hinsichtlich des chondrogenen Phänotyps und ihrer Proliferationsfähigkeit wiesen die verschiedenen Chondrozyten-Varianten keinen Nachteil auf. Durch den Xenoantigen-Einzel- bzw. Doppelknockout ohne/mit Transgen-Expression verringerte sich die Bindung von präformierten, xenoreaktiven Antikörpern (IgG, IgM) auf porzinen Chondrozyten nach einer Exposition mit NHS. Darüber hinaus konnte durch eine Xenoantigen-Inaktivierung die im Zuge einer Komplement-Aktivierung vermittelte Deposition von aktiviertem C3 und C5b-9, sowie die Anaphylatoxin-Generierung verringert und die am Ende der Komplement-Kaskade stattfindende Zelllyse reduziert werden. Eine alleinige CD55/CD59-Expression oder deren Kombination mit den Xenoantigen-Inaktivierungen führte zur signifikanten Abnahme der Deposition von aktiviertem C3 und C5b-9, sowie Hemmung der Komplement-vermittelten Zelllyse. Nichtsdestotrotz reichten die xenoprotektiven Eigenschaften nicht aus, um sublytische C5b-9-Depositionen zu vermeiden. Erst durch zusätzlichen Einsatz des Komplement-Inhibitors Cp40, welcher auf C3-Ebene agiert, konnten die Depositionen auf den Level unstimulierter Chondrozyten gesenkt werden. Die vorliegende Arbeit präsentiert das Potenzial xenogener Strategien, insbesondere von genetisch veränderten Chondrozyten, im Hinblick auf die Entwicklung neuartiger und innovativer Therapieansätze zur Behandlung artikulärer Knorpeldefekte. Die transgene Expression von TNFAIP3 kann hier aufgrund ihrer antiinflammatorischen Wirkung einen zusätzlichen Vorteil darstellen. Allerdings müssen weiterführende Untersuchungen bezüglich der Effekte von Anaphylatoxinen und sublytischen C5b-9-Depositionen auf das Verhalten der Chondrozyten durchgeführt werden. Zusätzlich sind Analysen zellulärer Abstoßungsprozesse notwendig. Für deren optimale Inhibition erscheinen weitere genetische Modifikationen erforderlich.