1. Wie viele Kasus hat das Deutsche?
- Author
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Brommer, Sarah, Roth, Kersten Sven, Spitzmüller, Jürgen, Brommer, S ( Sarah ), Roth, K S ( Kersten Sven ), Spitzmüller, J ( Jürgen ), Seiler, Guido, Brommer, Sarah, Roth, Kersten Sven, Spitzmüller, Jürgen, Brommer, S ( Sarah ), Roth, K S ( Kersten Sven ), Spitzmüller, J ( Jürgen ), and Seiler, Guido
- Abstract
Das Deutsche gilt gemeinhin als eine Sprache mit einem Vierkasussystem, wobei es allerdings eine ganze Reihe von formalen und funktionalen Überlappungen zwischen den einzelnen Kasus gibt. Die im Beitrag vorgestellte diachrone Analyse zeigt, dass es im Kasussystem neben Abbautendenzen auch bemerkenswerte Stabilität gibt, namentlich die scharfe Trennung zwischen einem zentralen (Nominativ/Akkusativ) und einem peripheren (Genitiv/Dativ) Bereich. In Bezug auf den peripheren Bereich fällt die komplementäre Distribution von Genitiv vs. Dativ (als strukturell regierte Kasus) auf. Ich mache den Vorschlag, dass die beiden letztgenannten Kasus im heutigen Deutschen in eine allomorphische Beziehung getreten sind und dieses somit nur über ein Dreikasussystem verfügt. In kolloquialen Varietäten ist diese Allomorphie wieder beseitigt, indem das traditionell als Genitiv bezeichnete Allomorph geschwunden ist. Vor diesem Hintergrund ist das eigentlich Erklärungsbedürftige der Erhalt des Genitivs in der Standardvarietät, der aber als stilistischer Marker eine neue Funktion erhält.
- Published
- 2022