Im Auftrag des Departements des Innern, Kanton St. Gallen, analysierte das Forschungsteam für die vorliegende Studie sämtliche 85 Verfahren, in denen Kinder aus Sri Lanka von im genannten Kanton wohnhaften Ehepaaren zwischen 1973 und 2002 zuerst als Pflegekinder aufgenommen und nach zwei Jahren Pflegezeit adoptiert wurden, auf ihre Rechtmässigkeit. Dazu wurde mittels Quellen aus kommunaler und kantonaler Provenienz für jedes adoptierte Kind ein digitales Dossier erstellt. Weiter wurde ein Katalog mit sämtlichen damals geltenden gesetzlichen Vorschriften erarbeitet, anhand dessen jedes Verfahren überprüft wurde. Die Auswertung zeigt, dass die involvierten kommunalen und kantonalen Behörden über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg damals geltende gesetzliche Vorschriften in hohem Mass nicht umsetzten. So ist bei keinem einzigen analysierten Verfahren überliefert, dass sämtliche damals geltenden Gesetzesvorschriften eingehalten worden wären. Nicht nur ignorierten die beteiligten Behörden in zahlreichen Fällen offensichtliche Kennzeichen kommerzieller Adoptionsvorgänge in Sri Lanka, obwohl diese schon damals via Medienberichte und Hinweise der Bundesbehörden publik gemacht worden waren. Wie im Detail und anhand verschiedener Fallbeispiele dokumentiert wird, verletzten sie auch in zahlreichen Verfahren auf verschiedenen Ebenen ihre Aufsichtspflicht, indem sie etwa den Kindern keine gesetzliche Vertretung zur Seite stellten, das Pflegeverhältnis mangelhaft beaufsichtigten oder aber Kinder Ehepaaren zusprachen, ohne vorgängig die dort vorherrschenden Verhältnisse ausreichend abzuklären. Auch auf struktureller Ebene liessen sich verschiedene äusserst problematische Sachverhalte ausmachen. Höchst fragwürdig war etwa, dass private Adoptionsvermittlungsagenturen, deren Existenzgrundlage ja gerade die Vermittlung von Kindern darstellte, die Eignung der zukünftigen Adoptiveltern prüfen konnten. Hinzu kommt, dass die Tätigkeit der Adoptionsvermittlerin Alice Honegger zwar schon damals von einigen Seiten kritisiert, aber nur während kurzer Zeit unterbunden wurde. Anhand erstmals zugänglicher Quellen vermag der vorliegende Bericht zudem aufzuzeigen, dass es Alice Honegger bewusst gewesen sein musste, in kommerzielle Adoptionen verwickelt zu sein. Zugleich wird deutlich, dass auch jene Vermittlungen, die ohne sie abliefen, sehr häufig mangel- bzw. fehlerhaft abliefen. Weiter bezieht die Studie postkoloniale Ansätze mit ein und weist etwa darauf hin, dass kolonial geprägte Ansichten die Wahrnehmung jener «Süd-Nord»-Adoptionen beeinflussten und so mit ein Grund dafür waren, dass die Verfahren nicht mit der nötigen Sorgfalt geprüft wurden. Die vorliegende Studie zeigt auf, dass die dargestellten Fehler und Mängel nicht «nur» den Vorgängen in Sri Lanka entsprangen, sondern – gerade was die vielfach mangelhaft vollzogene Aufsicht anbelangt – im Wesentlichen auch auf Verfahrensfehler der involvierten kommunalen und kantonalen Behörden zurückgehen. Die offengelegten Missstände sind Ausdruck dafür, dass das «Kindeswohl» zwar oft zitiert wurde, im konkreten Fall aber häufig einer Worthülse gleichkam. Die im Rahmen dieser Untersuchung konsultierten Akten geben die Perspektive der beteiligten Behörden wieder, in geringerem Ausmass und bloss punktuell jene der Pflege- respektive Adoptiveltern. Um auch die Stimmen der betroffenen Adoptierten sowie der leiblichen Eltern hörbar zu machen, wären mündliche Befragungen mittels eines Oral History-Ansatzes in der Schweiz und in Sri Lanka dringend notwendig. Gleichermassen angezeigt wären eine weiterführende Untersuchung aller Adoptionen ausländischer Kinder in die Schweiz sowie eine vergleichende Studie von In- und Auslandadoptionen.