Hintergrund: Unfruchtbarkeit stellt eine relevante Spätfolge nach einer Krebsbehandlung dar. Eine ausführliche und verständliche Aufklärung über behandlungsbedingte Fruchtbarkeitsrisiken und Optionen zum Fertilitätserhalt ist die Voraussetzung dafür, dass betroffene Jugendliche und ihre Eltern eine informierte Entscheidung zur Inanspruchnahme fertilitätserhaltender Maßnahmen treffen können. In einer multizentrischen Interventionsstudie untersuchten wir, wie die Verwendung von Patienteninformationsmaterial das Wissen über Fertilität, die selbstverantwortliche Entscheidungsfähigkeit sowie die Inanspruchnahme von Kryokonservierung beeinflusst. Methodik: Die Studie wurde in elf pädiatrisch-onkologischen Zentren in vier europäischen Ländern durchgeführt. Eingeschlossen wurden alle neu diagnostizierten Patient*innen im Alter von ≥ 13 Jahren, die mit Chemo- und/oder Strahlentherapie behandelt wurden. Die Kontrollgruppe erhielt eine derzeit übliche Patientenaufklärung bei Erstdiagnose. In der Interventionsgruppe wurde die Patientenaufklärung durch geschlechtsspezifisches und bebildertes Informationsmaterial unterstützt. Patient*innen und Eltern wurden gebeten, drei Monate (t0) und sechs Monate (t1) nach Erstdiagnose einen Fragebogen auszufüllen. Ergebnisse: In der Kontrollgruppe nahmen 113/142 Patient*innen (79,6 %) und 111/142 Eltern (78,2 %) teil, in der Interventionsgruppe waren es 101/134 Patient*innen (75,4 %) und 99/134 Eltern (73,9 %). Das Wissen über Fertilität war bei den Patient*innen und Eltern in der Interventionsgruppe höher als in der Kontrollgruppe, für die Unterschiede wurde jedoch keine statistische Signifikanz ermittelt (Mittelwertsunterschiede Patient*innen: 1,62 (t0) / 2,17 (t1); Eltern: 2,23 (t0) / 2,2 (t1)). Die selbstverantwortliche Entscheidungsfähigkeit verbesserte sich sowohl bei den Patient*innen (p = 0,046, d = 0,27) als auch bei den Eltern (p = 0,046, d = 0,48) in der Interventionsgruppe. Bei der Inanspruchnahme von Kryokonservierung zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen der Kontrollgruppe (32,7 %, 37/113) und der Interventionsgruppe (36,6 %, 37/101). In der Kontrollgruppe war Kryokonservierung assoziiert mit dem Geschlecht (OR = 0,10, CI: 0,02–0,43), Alter (OR = 1,56, CI: 1,08–2,26) und dem Erhalt von Informationen über fertilitätserhaltende Maßnahmen (OR = 33,66, CI: 2,10–539,57). In der Interventionsgruppe war Kryokonservierung mit dem Geschlecht (OR = 0,09, CI: 0,03–0,33) und dem geschätzten Unfruchtbarkeitsrisiko (OR = 43,67, CI: 2,16–883,97) assoziiert. Schlussfolgerung: In der Interventionsgruppe, bei der die Patientenaufklärung durch Informationsmaterial unterstützt wurde, zeigte sich ein höheres Wissen über Fertilität und eine verbesserte selbstverantwortliche Entscheidungsfähigkeit bei Patient*innen und Eltern. Die Kryokonservierungsrate stieg durch die Intervention insgesamt nicht an, allerdings schien das individuelle Fertilitätsrisiko mehr in das Bewusstsein gerückt zu werden. Neben der Bereitstellung einer Fertilitätsaufklärung für alle jugendliche*n Krebspatient*innen sollte berücksichtigt werden, dass Möglichkeiten zum Fertilitätserhalt sowohl verfügbar als auch finanziell tragbar sein müssen. Weitere Forschung zur Erweiterung der bereits bestehenden Optionen ist erforderlich., Background: Infertility is a relevant late effect of cancer treatment. Detailed and understandable information about treatment-related fertility risks and fertility preservation options is a prerequisite for affected adolescents and their parents to make an informed decision on the use of fertility preservation measures. Within a multicenter intervention study, we investigated how the use of patient information material influences knowledge about fertility, patient empowerment and the use of cryopreservation. Methods: The study was conducted in eleven pediatric oncology centers in four European countries. All newly diagnosed patients aged ≥ 13 years treated with chemotherapy and/or radiotherapy were included. The control group received patient education "as usual" at initial diagnosis. In the intervention group, patient education was supported by gender-specific and illustrated information material. Patients and parents were asked to complete a questionnaire three months (t0) and six (t1) months after initial diagnosis. Results: The study involved 113/142 patients (79.6%) and 111/142 parents (78.2%) in the control group and 101/134 patients (75.4%) and 99/134 parents (73.9%) in the intervention group. Knowledge about fertility was higher among both patients and parents in the intervention group than in the control group, but no statistical significance was determined (differences in mean values patients: 1.62 (t0) / 2.17 (t1); parents: 2.23 (t0) / 2.2 (t1)). Empowerment improved in both patients (p = 0.046, d = 0.27) and parents (p = 0.046, d = 0.48) in the intervention group. Cryopreservation rates showed no significant difference between the control group (32.7%, 37/113) and the intervention group (36.6%, 37/101). In the control group, cryopreservation was associated with gender (OR = 0.10, CI: 0.02–0.43), age (OR = 1.56, CI: 1.08–2.26) and recall of information on fertility preservation (OR = 33.66, CI: 2.10–539.57). In the intervention group, cryopreservation was associated with gender (OR = 0.09, CI: 0.03–0.33) and the estimated infertility risk (OR = 43.67, CI: 2.16–883.97). Conclusion: The intervention group, in which patient education was supported by information material, showed higher knowledge about fertility and an improved empowerment among patients and parents. Cryopreservation rates did not overall increase following the intervention, but there seemed to be more awareness of the individual fertility risk. In addition to providing fertility counselling for every adolescent cancer patient, fertility preservation has to be both available and affordable. Further research to extend fertility preservation options is needed.