Der Zugang zu Verfahren der medizinisch unterstützten Fortpflanzung in der Schweiz wird in der Bundesverfassung eingeschränkt. Grund dafür ist der Wille des Verfassungsgebers, den Menschen vor Missbräuchen der Fortpflanzungsmedizin und der Gentechnologie zu schützen (Art. 119 Abs. 1 BV). Eine mögliche Voraussetzung für den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin in der Schweiz ist das Vorliegen von Unfruchtbarkeit (Art. 119 Abs. 2 Bst. c BV). Eine solche liegt auch vor, wenn eine faktische Unmöglichkeit der Zeugung eines Kindes besteht, obwohl ein bestehender unerfüllter Kinderwunsch besteht. Hingegen bleibt insbesondere der Wunsch nach medizinisch unterstützter Fortpflanzung verwehrt, wenn diese Verfahren bloss angewendet werden sollen, um beim Embryo bzw. Kind gewisse genetische Merkmale zu erreichen (das Verhindern der Übertragung einer schweren Krankheit ist davon durch die Verfassung explizit ausgenommen). Ebenso wird kein Zugang gewährt, wenn trotz der faktischen Möglichkeit, Kinder ohne Einsatz von fortpflanzungsmedizinischen Verfahren zu bekommen, aus rein persönlicher Präferenz solche Verfahren angewendet werden sollen. Insbesondere von der Bundesverwaltung und vom Bundesrat wurde in der Vergangenheit der Begriff der Unfruchtbarkeit auf den erfolglosen Versuch der Fortpflanzung zwischen zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts eingeengt. Damit wurde aus dieser zusätzlichen Voraussetzung ein Ausschlusskriterium für nicht in einer gemischtgeschlechtlichen Beziehung lebende Personen konstruiert. Für eine solche Begrenzung auf verschiedengeschlechtliche Paare findet sich weder in der Verfassung noch im Grossteil der Literatur eine Grundlage. Der Sinn und Zweck einer solchen Differenzierung wird durch die Verfassung weder genannt noch begründet. Dennoch wurde diese Ausgrenzung gleichgeschlechtlicher Paare in der Vergangenheit vom Gesetzgeber auf Empfehlung der Behörden vorgenommen (Fortpflanzungsmedizingesetz, Partnerschaftsgesetz). Diese Gesetzesbestimmungen stehen heute zur Debatte (und geben Anlass zum vorliegenden Kurzgutachten). Selbst wenn bei der Diskussion im Parlament (insbesondere bei der Diskussion des Fortpflanzungsmedizingesetzes Mitte der 1990er Jahre und zuletzt anlässlich der Einführung des Partnerschaftsgesetzes Anfang der 2000er Jahre) in der Verwaltung und in der (spärlichen) Literatur Stimmen die politische Diskussion dominierten, die den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin gemischtgeschlechtlichen Paaren vorbehalten wollten, kann daraus die (damals und heute) richtige Interpretation der Bundesverfassung nicht ohne Weiteres abgeleitet werden. Bereits zu dieser Zeit – und in den letzten Jahren in zunehmendem Masse – wurde von juristischen Autoren und weniger einflussreichen Interessenvertretern der diskriminierungsfreie Zugang gefordert, ohne auf die sexuelle Orientierung der betroffenen potentiellen Eltern abzustellen. Insbesondere bindet diese Art der damaligen Umsetzung den Gesetzgeber nicht, heute auf diesen Entscheid zurückzukommen. Besonders häufig wurde in der Vergangenheit rein politisch für eine Beibehaltung des Ausschlusses argumentiert, um jedwelche Kontroversen zu verhindern. Ausserdem fand kaum eine fundierte Analyse der Verfassungsgrundlage statt, sondern es wurde lediglich eine in der Bundesverwaltung formulierte Auffassung, welche auf einer traditionellen Vorstellung von Ehe und Familie basiert, perpetuiert. Eine eigentliche fundierte Diskussion der Differenzierung fand dabei jeweils nicht statt, sondern es wurde (zumeist unausgesprochen wohl) allein auf ein vorbestehendes traditionelles Verständnis von Ehe und Familie abgestellt, welches die Elternschaft ausserhalb der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts bzw. allenfalls im Rahmen gemischtgeschlechtlicher Konkubinate stigmatisiert. In der Wissenschaft wurde seit jeher von vielen Autoren die Meinung vertreten, die Berufung auf eigene Unfruchtbarkeit nicht in diskriminierender Weise gemischtgeschlechtlichen Paaren vorzubehalten. Die Haltung der Bundesverwaltung und des Bundesrates führte bei weiten Kreisen zum verfälschten Eindruck, dies sei tatsächlich die herrschende Meinung (auch in der Lehre). Tatsächlich vertreten nur wenige ältere, eher wertkonservative Autoren diese Meinung selbst. Einige wenige weitere Autoren verweisen bloss darauf. Dabei fällt auf, dass bei diesen Autoren keine eigentliche Argumentation zur allfälligen Begründung der Einschränkung zu finden ist, so dass man annehmen muss, dass diese Lesart und ihre Akzeptanz allein durch ein traditionelles Menschen- und Familienbild, das sexuelle Minderheiten bewusst von der Elternschaft ausschliessen will, geleitet wird. In der neueren Literatur dominiert denn auch eindeutig die Haltung, dass der in der Verfassung verwendete Begriff der Unfruchtbarkeit nicht auf gemischtgeschlechtliche Paare begrenzt werden kann, und daher die Verfassung allein keine Rechtsgrundlage enthält, um gleichgeschlechtlichen Paaren den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin vorzuenthalten. Allfällige Überlegungen zum Kindeswohl sind an anderer Stelle geregelt und stehen dem Zugang zur Fortpflanzungsmedizin für gleichgeschlechtliche Paare nach heutigem Verständnis sicherlich nicht in absoluter Weise entgegen. Gerade die Diskussion zur Stiefkindadoption durch einen Partner des gleichen Geschlechts (und deren Einführung) haben dies in letzter Zeit klar vor Augen geführt. Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass der Begriff der Unfruchtbarkeit in Art. 119 Abs. 2 Bst. c BV ohne Weiteres so gelesen werden kann und muss, dass er keine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare gebietet. Die Tatsache, dass die Bundesverwaltung und wenige ältere Autoren diese als impliziert ansahen, hat v.a. mit ihrem Vorverständnis von Familie und Ehe zu tun. Angesichts der Tatsache, dass zumindest im Verfassungsgebungsverfahren dieser Aspekt nicht ausdrücklich von Parlament, Ständen und Bevölkerung mitgetragen wurde, schwächt diese Position zusätzlich. Damit basieren die heutigen Diskriminierungen vollumfänglich auf den Gesetzgebungsverfahren und können entsprechend auch den geänderten Ansichten und Wertvorstellungen des Parlaments und der Bevölkerung angepasst werden, insbesondere im Rahmen allfälliger ohnehin notwendiger Anpassungen aufgrund der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.