1. Molekulargenetik und funktionelle Analyse embryonaler Extremitätenfehlbildungen
- Author
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Stricker, Sigmar
- Subjects
BMP signaling ,limb development ,WNT signaling ,brachydactyly ,600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften::610 Medizin und Gesundheit ,ROR2 - Abstract
Angeborene skeletale Fehlbildungen treten beim Menschen häufig auf, Fehlbildungen des Extremitätenskeletts betreffen im Durchschnitt etwa eine(n) unter 1000 Neugeborenen. Diese Fehlbildungen manifestieren sich während der Embryonal- bzw. Fötalphase, sind also Entwicklungsdefekte. Wir haben in den vergangenen Jahren verschiedene Formen der Extremitätenfehlbildungen untersucht. Wir konnten für zwei Syndrome, das Al-Awadi/Raas- Rothschild/Schinzel Phocomelia Syndrom und das Fuhrmann Syndrom die genetische Ursache herausfinden. Beide Syndrome werden durch Missense Mutationen im Signalmolekül WNT7A hervorgerufen. Wir konnten in funktionellen Untersuchungen zeigen, daß die Mutation im Al-Awadi/Raas-Rothschild/Schinzel Phocomelia Syndrom, das einen sehr schweren Phänotyp zeigt, zu einem totalen Funktionsverlust von WNT7A führt, während die Mutation im phänotypisch weniger schweren Fuhrmann Syndrom einen partiellen Funktionsverlust von WNT7A bewirkt. Dies ist erst die zweite Mutation, die in einem WNT Gen als Ursache für ein humanes Syndrom beschrieben wurde. Um einen besseren Einblick in die potentiellen Funktionen der Wnt Faktoren während der Extremitäten-Entwicklung zu bekommen, haben wir erstmals eine vollständige Expressionsanalyse aller 19 Wnt Gene der Maus sowie der wichtigsten sekretierten Antagonisten während der Extremitäten-Entwicklung unternommen und konnten dabei zahlreiche neue Expressions-Domänen beschreiben. Der Hauptfokus unserer Arbeit lag auf der Analyse der Pathogenese einer Gruppe von Handfehlbildungen, den Brachydaktylien. Der Ansatzpunkt zur Analyse dieser Krankheitsfamilie lag in der Untersuchung der Funktion von ROR2, welches in der phänotypisch schwersten Form, der Brachydaktylie Typ B1 (BDB1), Mutationen aufweist. Mutationen in ROR2 verursachen jedoch nicht nur die dominante BDB1, sondern auch das phänotypisch distinkte rezessive Robinow Syndrom (RRS). Um aufzuklären, wie diese Mutationen zu verschiedenen Syndromen führen, stellten wir exakte Kopien humaner Mutationen her und exprimierten diese in einem definierten Zellsystem. Wir konnten zeigen, daß RRS Mutationen zu einer Retention des Proteins im endoplasmatischen Reticulum und zur Proteindegradation führen. BDB1 Mutationen jedoch sind stabil und gelangen an die Zellmembran, wo sie mit dem normalen Signaling interferieren können. Durch exakte Quantifizierung der Proteinmengen an der Membran konnten wir zeigen, daß die Schwere des BDB1 Phänotyps sowie das Auftreten überlappenden Phänotypen zwischen BDB1 und RRS mit der Menge an trunkiertem Protein an der Zellmembran korreliert. Ror2 ist eine Rezeptor- Tyrosinkinase, für die zu Beginn unserer Arbeiten weder Ligand noch Signalweg bekannt waren. Um einen Einblick in diese Prozesse zu erhalten und intrazelluläre Interaktionspartner von Ror2 zu identifizieren, führten wir einen Yeast-two-Hybrod Screen mit der intrazellulären Domäne von Ror2 durch. Wir konnten zeigen, daß Ror2 mit einem LIM-Domänen Protein Wtip interagiert. Diese Interaktion ist lokalisiert auf den C-Terminus von Ror2, welcher in allen BDB1 Mutationen fehlt. Wir fanden, daß Ror2 in der Lage ist, Wtip an die Zellmembran zu rekrutieren, BDB1-Formen von Ror2 jedoch nicht. Schließlich fanden wir, daß Wtip ein neuer intrazellulärer Regulator des Wnt/-catenin Signalweges ist, in den Ror2 (unter anderem von uns) in den vergangenen Jahren involviert wurde. BDB1 ist charakterisiert durch Hypoplasie / Aplasie der distalen Fingerglieder. Um die Pathogenese dieses Phänotyps zu untersuchen, haben wir sowohl das Huhn als auch die Maus als Modellorganismus verwendet. Im Huhn konnten wir mittels retroviraler Misexpression von trunkierten Konstrukten (analog zu humanen BDB1 oder RRS Mutationen) zeigen, daß diese als dominant-negative wirken, wobei korrelierend zu den Experimenten in Zellkultur die RRS Mutationen einen schwächeren Effekt hatten. Wir beschrieben in diesem System den Defekt in Wachstumsfugen langer Knochen und zeigten, daß dieser auf einen Differenzierungsdefekt, nicht auf einen Proliferationsdefekt zurückgeht. In diesem System konnten wir jedoch keinen BDB1-analogen Phänotyp erzeugen. Dies gelang jedoch in einem Mausmodell, bei welchem eine humane Mutation (p.W749X) durch knock-in in den endogenen Ror2-Locus eingebracht wurde. Wir konnten in diesem Modell, das eine aplastische mittlere Phalanx aufweist, zeigen, daß die BDB1 durch einen Elongationsdefekt der frühen Knorpelkondensation der Hand und einem damit einher gehenden Defekt in der Bildung des distalen Gelenks zustande kommt. Unsere Ergebnisse liefern somit einen wichtigen Beitrag sowohl zur Erweiterung des Mutationsspektrums humaner Extremitäten-Fehlbildungen als auch zur funktionellen und molekularen Charakterisierung ihrer Pathogenese., Inheritable skeletal malformations are frequent in humans. In the recent years we have analyzed several limb malformation syndromes. For two closely related syndromes, Al-Awadi/Raas-Rothschild/Schinzel Phocomelia Syndrome and Fuhrmann Syndrome we were able to identify the genetic cause. In both syndromes we found recessive mutations in the gene encoding the signalling molecule WNT7A. Functional assays demonstrated that mutations in Al-Awadi/Raas- Rothschild/Schinzel Phocomelia Syndrome, showing a very severe phenotype, lead to a complete loss of function, while mutations in the less severe Fuhrmann Syndrome lead to a partial loss of function of the WNT7A protein. To gain further insight into the roles of WNT signalling in limb development we have performed a comprehensive expression analysis of all 19 mouse Wnt genes and their major secreted antagonists during limb development and were able to describe numerous novel expression domains. The main focus of our work, however, was the analysis of the pathomechanism of a group of hand malformations, the so-called brachydactylies (BDs). We therefore analyzed ROR2, which is mutated in the most severe human brachydactyly, BDB1. Importantly, mutations in ROR2 not only cause dominant BDB1, but also recessive Robinow syndrome (RRS). We analyzed the genotype-phenotype relationship for a range of BDB1 and RRS mutations in a defined cell system and found that RRS mutations cause intracellular retention of the protein. BDB1 mutations lead to the expression of proteins that are stably transferred to the cell membrane where they can act as dominant-negatives. Exact quantification of membrane-associated protein allowed a correlation between the amount of protein at the surface and severity of the BDB1 phenotype. ROR2 is a receptor tyrosine kinase. To identify protein interaction partners, we performed yeast-two-hybrid screening. We identified the LIM domain protein WTIP as an intracellular interaction partner. BDB1 is characterized by hypoplasia/aplasia of distal phalanges. We assessed the pathomechanism of BDB1 using the chicken and the mouse as model systems. Viral overexpression of proteins carrying BDB1 mutations in the chick showed that these act as dominant-negatives. A mouse model carrying the exact copy of a human BDB1 mutation (p.W749X) knocked into the mouse Ror2 locus recapitulated the BDB1 phenotype. This mouse showed aplasia of the middle phalanx in all digits, which was caused by a failure of elongation of the initial condensation in the autopode and a following failure of formation of a distal joint. In summary, our results contributed to expanding the mutational spectrum of human limb malformation syndromes and added to the functional and molecular characterization of their pathogenesis.
- Published
- 2010