1. Rekonstruktion paläoklimatischer Extremereignisse in der Region Franken anhand von Speläothemen in Kombination mit historischen Stadtarchiven
- Author
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Holz, Philipp, Neumann, Thomas, and Scholz, Denis
- Subjects
geologisches Archiv ,historisches Archiv ,Geography & travel ,paläoklimatische Extremereignisse ,Fränkische Schweiz ,Zoolithenhöhle ,Kleine Teufelshöhle ,Paläoklima ,Speläotheme ,Sekundärionen-Massenspektrometrie ,Klimaarchive ,Höhlenmonitoring ,SIMS ,Überflutungsereignisse ,ddc:910 - Abstract
Ziel des Projekts CheckExtrema ist, Anzeichen auf Überflutungsereignisse in der Region Franken anhand von historischen und geologischen Informationen zu erkennen, und vergangene Überschwemmungsereignisse mithilfe geeigneter historischer und geologischer Archive in einem gemeinsamen Überschneidungszeitraum zu identifizieren. Als geologisches Archiv wurde Stalagmit KTH-2 (Kleine Teufelshöhle, Fränkische Schweiz) mittels 14C- und 230Th/U-Methode datiert und hochaufgelöst auf die stabilen Isotopenverhältnisse von Sauerstoff (δ18O) und Kohlenstoff (δ13C) sowie die spezifischen Spurenelementmuster von Mg, P etc. analysiert. Parallel dazu wurde das Staats- und Stadtarchiv Nürnberg im Zeitraum 1400 bis 1800 n. Chr. auf Informationen über Überschwemmungsereignisse durchsucht. Um die Datenauflösung der δ18O-Verhältnisse im Überschneidungszeitraum zu erhöhen, wurde zusätzlich zu der konventionellen δ18O-Messmethode (Micromill + IR-MS; 90 µm) eine mit 7 und 15 µm höchstaufgelöste Isotopenanalyse mittels Sekundärionen-Massenspektrometrie (SIMS) durchgeführt. Für eine zuverlässigere Interpretation der Klimaproxies wurde in der Kleinen Teufelshöhle (KTH) und der benachbarten Zoolithenhöhle (ZooH) im Zeitraum 2016-2019 ein Monitoring-Programm durchgeführt, bei dem die Parameter der Höhlenatmosphären und die Tropfraten an fünf Tropfstellen hochaufgelöst aufgezeichnet, Tropf- und Niederschlagswässer mit ein- bis vierwöchiger Auflösung hochaufgelöst beprobt und frische Calcit-Präzipitate entnommen wurden. Die Temperaturen innerhalb der Höhlen spiegeln die Oberflächentemperaturen mit Abweichungen < 1 °C sehr gut wider. Bei hohen rel. Feuchtigkeiten von ≈ 100 % können evaporative Prozesse weitestgehend ausgeschlossen werden. Geringere (höhere) CO2-Gehalte über die Wintermonate (Sommermonate) deuten auf gut bewetterte Höhlen hin. Die fünf Tropfstellen zeigen eine breite Tropfratencharakteristik mit schnellen (langsamen) Tropfraten und schneller (fehlender) Reaktion auf Infiltrationsereignisse. Die Auflösung des Frankendolomits läuft weitestgehend kongruent ab. Die Mg/Ca- und Sr/Ca-Verhältnisse im Tropfwasser werden über variierende PCP-Raten und variierende Karstwasserverfügbarkeiten gesteuert. Temporär erhöhte Gehalte von Na, K, Al, Fe, Zn und P werden mit einer erhöhten Silikatverwitterungsrate und der Anwesenheit von Kolloiden im Tropfwasser begründet. HCO3- ist das dominierende Anion im Tropfwasser. Ein SICalcit > 0 zeigt eine konstante Übersättigung der Karstwässer an. An fast allen Tropfstellen findet ganzjährig Calcitpräzipitation statt. Das δ18O-Inputsignal des Niederschlags zeigt eine Temperaturabhängigkeit von 0,22 ‰/°C. Aufgrund der geringeren Infiltration im Sommer spiegeln die δ18O-Werte im Tropfwasser vor allem das leichtere δ18O-Inputsignal des Winterniederschlags wider. Im Hinblick auf die δ18O-Werte fällt das Calcitmaterial zum Großteil im isotopischen Gleichgewicht mit dem Tropfwasser aus. Die Temperaturabhängigkeit der Fraktionierung beläuft sich auf -0,39 ‰/°C. Die δ13C-Werte des Calcitmaterials fallen vereinzelt im isotopischen Gleichgewicht mit dem DIC des Tropfwassers aus. Schwerere δ13C-Werte deuten auf eine erhöhte CO2-Entgasung oder Ungleichgewichts- und/oder kinetische Fraktionierungsprozesse hin. Stalagmit KTH-2 ist bis 2004 n. Chr. gewachsen. Rezentes Wachstum wurde dabei über die Identifikation des 14C-Bombenpeaks festgestellt. Im Zeitraum 1000-2004 n. Chr. weist Stal-KTH-2 Wachstumsraten von 21 und 7 µm/a auf, was einer jährlichen Auflösung der δ18O-SIMS-Analyse entspricht. Zwei direkt nebeneinander gelegte δ18O-SIMS-Messlinien zeigen untereinander eine hohe Übereinstimmung von rp = 0,59 (p < 0,001, n = 963, rsp = 0,60). Im Vergleich zu dem IR-MS-Datensatz zeigen die beiden SIMS-Datensätze einen gleichmäßigen Offset von ca. 1,2 ‰, der mit dem Matrixeffekt zwischen dem kristallinen Marmor-Standard und dem Calcitmaterial begründet wird. Die normalisierten gemittelten δ18O-SIMS-Daten stimmen bei einer Angleichung der SIMS- an die IR-MS-Auflösung mit einem rp von 0,62 (p < 0,001, n = 84, rsp = 0,60) gut mit dem IR-MS-Datensatz überein. Kalte und trockene Winterverhältnisse zur Zeit der Kleinen Eiszeit (LIA, 1450-1800 n. Chr.) resultierten aufgrund eines verringerten Einflusses des leichteren δ18O-Winterniederschlags in schwereren δ18O-Werten in Stal-KTH-2. Ein Rückgang der Vegetation und der mikrobiellen Aktivität hatten schwerere δ13C-Werte und höhere P-Gehalte und das Auftreten von PCP erhöhte Mg/Ca-Verhältnisse zur Folge. Über den 30-jährigen gleitenden Häufigkeitsverlauf in einer Hochwasser-Chronologie für Nürnberg aus dem historischen Archiv werden im Zeitraum 1300-2000 n. Chr. sechs Hochwasser-/Kälteperioden identifiziert. Dass diese auch im Verlauf der δ18O-Verhältnisse in Stal-KTH-2 erkannt werden, lässt darauf schließen, dass in diesen Zeiträumen aufgrund kalter (und trockener) Winterverhältnisse Hochwässer durch Eisstau häufig auftreten konnten und dadurch gleichzeitig schwerere δ18O-Werte in Stal-KTH-2 gespeichert wurden. Zeitgleich zu den Hochwasser-/Kälteperioden werden NAO--Bedingungen und eine verringerte Sonneneinstrahlung beobachtet. Kurzzeitig schwerere δ18O-Verhältnisse konnten mit bekannten Vulkanausbrüchen in Verbindung gebracht werden. Ein Anstieg der δ18O- und δ13C-Verhältnisse hin zu schwereren Werten im jüngsten Wachstumsbereich von Stal-KTH-2 kann mit der Erschließung der Großen Teufelshöhle und der dadurch verursachten stärkeren Höhlenventilation begründet werden. Die Ablagerung von Detritusmaterial auf der Tropfsteinoberfläche resultierte in einem Anstieg der Spurenelementkonzentrationen.
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- 2023
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