Dieser Bericht präsentiert die Erkenntnisse des Vergleichs der 14 kantonalen Tabakpräventionsprogramme (kTPP), die die nachfolgenden Kantone zwischen 2012 und 2020 umgesetzt haben (chronologisch nach Startzeitpunkt geordnet): Uri, Zug, Solothurn, St. Gallen, Zürich, Wallis, Jura, Thurgau, Basel-Stadt, Freiburg, Waadt, Basel-Landschaft, Tessin und Neuenburg. Diese Programme wurden vom Tabakpräventionsfonds (TPF) wesentlich mitfinanziert und in den freiwillig teilnehmenden Kantonen von Netzwerken aus staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren umgesetzt. Der TPF führte die neue Programmstruktur mit den Hauptzielen ein, eine besser koordinierte, vermehrt evidenzba-sierte Tabakprävention in der Schweiz und insbesondere auch auf der kantonalen Ebene zu erreichen, in welchen neben den NGOs auch die Kantone eine verstärkte Rolle einnehmen sollten. Die teilnehmenden Kantone verpflichteten sich, neben der Koordination auch den drei Handlungsfeldern Verhaltensprävention, strukturellen Prävention (auch Verhältnisprävention genannt) sowie Information und Meinungsbildung genügend Rechnung zu tragen. Auch der gesundheitlichen Chancengleichheit sollte in den Programmen besondere Wichtigkeit beigemessen werden. Die Planung wie auch Umsetzung der kTPP brachte für die Tabakprävention einige zentrale Vorteile mit sich: Erstens ist die Tabakprävention in 14 Kantonen aufgrund der Bündelung in ein kantonales Programm und der dadurch erfolgten Koordination und Abstimmung der Aktivitäten kohärenter geworden. Zuvor bestehende Lücken in den kantonalen Massnahmen konnten gezielt gefüllt werden, indem beispielsweise neue Aktivitäten für Zielgruppen und in Settings umgesetzt wurden, die zuvor nur wenig oder keine Beachtung erhielten (bspw. Migrationsbevölkerung, Personen aus dem Strafvollzug und PatientInnen aus Suchtbehandlungsinstitutionen sowie medizinisches Setting, offene Jugendarbeit). Dies kam nicht zuletzt auch der gesundheitlichen Chancengleichheit zugute, da unter anderem besonders vulnerable Zielgruppen erreicht wurden. Zweitens profitierten auch die einzelnen Massnahmen von der verbesserten Koordination, indem eine gegenseitige Bewerbung und inhaltliche Unterstützung stattfand, wobei insbesondere die neuen Partnerschaften zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren anerkennenswert sind. Drittens vermochten die eingeführten Selbstevaluationsprozesse ein evaluatives Denken sowie die Logik der evidenzbasierten Politik im Bereich der Tabakprävention zu verankern. Das wiederum begünstigte die Aktivitäten durch die verbesserte Reaktivität vieler Umsetzungsakteure, wenngleich teilweise weiterhin Optimierungspotenzial bei der Steuerung der einzelnen Präventionsprojekte im Falle von Umsetzungsproblemen be-steht. Viertens ermöglichte die Programmstruktur durch die stärkere Integration der kantonalen Verwaltung eine intensivierte interdepartementale Kooperation, die vor allem auf die strukturellen Massnahmen einen positiven Effekt hatte. Durch den engeren Austausch zwischen den Gesundheitsämtern und anderen Verwaltungsstellen wie den Lebensmittelinspektoraten oder der Polizei konnten Vollzugsprozesse vielerorts systematisiert und koordiniert werden. Fünftens hatten die Programme einen starken symbolischen Wert, indem dem Thema Tabakprävention durch die reine Durchführung eines kantonalen Programms eine grosse Wichtigkeit beigemessen wurde. Diese demonstrierte politische Unterstützung hatte nicht zuletzt auch einen positiven Effekt auf die Motivation der umsetzenden Partner, was schliesslich den Tabakpräventionsaktivitäten zugutekam. Sechstens konnte die Wirksamkeit vieler kantonaler Tabakpräventionsaktivitäten als Folge der kohärenteren, evidenz-basierten, besser koordinierten und gesteuerten Massnahmen verstärkt werden. Dies zum einen weil die Wirkungszusammenhänge innerhalb vieler Projekte durch das vorgenannte evidenzbasierte und evaluative Denken verbessert wurden, womit bessere Effekte auf die Einzelnen erzielt werden konnten. Zum anderen wurde durch die verstärkte Kooperation in den Kantonen die Reichweite einer Vielzahl von Projekten erhöht, womit schliesslich mehr Personen erreicht werden konnten. Trotz dieser vielen Fortschritte stehen die Tabakpräventionsakteure auch in Zukunft vor Herausforderungen, denen sie sich annehmen müssen. In absehbarer Zeit steht ein wichtiger struktureller Wechsel im Tabakpräventionssystem an, der die Gefahr birgt, dass die im Rahmen der kantonalen Programme gemachten Fortschritte nicht beibehalten werden können. Alle Akteure – der TPF, die Kantone sowie die nichtstaatlichen Partner – sind daher gefordert, gewisse zentrale Elemente der kTPP beizubehalten und zugunsten einer wirkungsvollen Tabakprävention weiterzuführen. Diese weiterzuführenden Kernaspekte umfassen erstens das Beibehalten und Ausbauen der integrativen Steuerungs- und Umsetzungsstruktur zwecks Einbezugs verschiedener Verwaltungsstellen, nicht-staatlicher Akteure als auch der kommunalen Ebene. Nur so kann die Tabakprävention auch in Zukunft von einer kohärenten Strategie und einer gewinnbringenden, Sektor- und Themenübergreifenden Kooperation profitieren. Zweitens sollte eine zentrale Koordination und Steuerung der kantonalen Aktivitäten auch in Zukunft ein Kernelement der Tabakprävention sein. Dabei sollten Aktivitäten wie die Umsetzung jährlicher Workshops, der Aufbau von Arbeitsgruppen, die Unterstützung der Multiplikatorenakquise sowie die Identifikation von Optimierungspotenzial zu den Hauptaufgaben einer solchen Programmsteuerung gehören sollten. Drittens erscheint es zwecks weiterer Stärkung der evidenzbasierten Tabakprävention unabdingbar, dass die regelmässigen Selbstevaluationen weitergeführt werden, womit auch die Wirkung auf die Zielgruppen aufgrund der regelmässigen Gegenüberstellung von Erreichtem und Geplantem erhöht werden kann. Viertens müssen die Tabakpräventionsakteure eine weitere Stärkung der strukturellen Prävention anstreben, sowohl hinsichtlich des Vollzugs bestehender gesetzlicher Grundlagen als auch hinsichtlich der Einführung neuer, präventionsfreundlicherer Regulierungen. Auf Basis der Erkenntnisse aus den 14 Kantonen wurden die nachfolgenden 20 Empfehlungen erarbeitet. Um diese umsetzen zu können, bedarf es der Weiterführung der förderlichen Zusammen- und Mitarbeit aller in die Tabakprävention involvierten Akteure. Empfehlungen Strategische Ebene und Finanzierungssystem • Konsolidierung und Ausbau des Erreichten trotz anstehender Systemänderungen • Vereinbarkeit multithematischer und substanzspezifischer Ansätze • Festlegung von klaren und stabilen Regeln im Finanzierungssystem • Förderung der Akzeptanz der Selbstevaluationsprozesse • Schaffung kooperationsfördernder Finanzierungsinstrumente • Einführung eines aufwandsbezogenen Finanzierungsschlüssels Programmebene und Programmsteuerung • Programmerarbeitungsprozess partizipativ gestalten • Sektorübergreifende Programmsteuerung stärken • Schaffung einer intersektoralen, interdisziplinären Begleitgruppe • Balancierung Steuerungsaufgaben und Projektverantwortlichkeiten • Selbstevaluationsworkshops umsetzen und Arbeitsgruppen schaffen • Kohärente Programme planen und spezifische Ziele setzen • Wirkungsmessung weiterführen • Ideen- und Aktivitäten-Transfer intensivieren Projektebene • Erkenntnisse zur Advocacy-Arbeit zwecks Stärkung der strukturellen Prävention einsetzen • Jugendschutz: Erfolgsfaktoren Testkäufe über die Kantonsgrenzen hinaus nutzen • Passivrauchschutz: Strukturelle Prävention ohne Gesetzesanpassung vorantreiben • Innovative Projektansätze weiterverbreiten • Prävention an Schulen neugestalten • Rauchstopp-Strategie überarbeiten