Die Vorhersage der Werkzeuglebensdauer und -Zuverlässigkeit zu einem frühen Zeitpunkt der Entwicklungsphase ist eine wesentliche Voraussetzung für die richtige Dimensionierung des Werkzeugsystems und die Bewertung von Optimierungsmaßnahmen. Die bislang bekannten Möglichkeiten der Versagenssimulation beschränkten sich im Prinzip auf die Lokalisierung der versagenskritischen Werkzeugbereiche sowie auf die Abschätzung der mittleren Werkzeuglebensdauer. Aufgabe und Gegenstand der vorliegenden Forschungsarbeit war es, die Werkzeuglebensdauervorhersage um die Angabe der statistischen Verteilung der Ausfallwahrscheinlichkeit zu erweitern. Die Prognostizierung von derart attributierten Lebensdauerdaten bildet die Grundlage für geringere, gleichzeitig vorhersagbare und damit planbare Maschinenstillstandszeiten. Weiterhin führen höhere Lebensdauerwerte zu einer Reduzierung des Werkzeugkostenanteils an den Produktionskosten. Ein geeignetes Planungsinstrument für die simulationsbasierte Werkzeuglebensdauervorhersage ist das Konzept der Gegenüberstellung von Werkzeugbeanspruchung und -beanspruchbarkeit. Es handelt sich dabei um einen deterministisch-probabilistischen Ansatz, mit dem die numerische Simulation des Umformprozesses, die Modellierung spezifischer Versagensmechanismen und statistische Verfahren wie die Interferenzanalyse miteinander verbunden werden. Mit den statistischen Verfahren werden die Unsicherheiten und die Streuungen der primären Prozeßeinflußgrößen erfaßbar, die letztlich die Ursache für die ausgeprägte Lebensdauerstreuung darstellen. Um einen Ansatz dieser Art auf reale Problemstellungen anwenden zu können, mußten zunächst eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein. Es waren dies zunächst statistisch abgesicherte Kennwerte zur Beschreibung des Ermüdungsverhaltens des jeweiligen Werkzeug Werkstoffs. Weiterhin waren auf der Grundlage der Ermüdungskennwerte Schädigungskonzepte weiterzuentwickeln bzw. bereits verfügbare Schädigungskonzepte hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und universellen Anwendbarkeit für die Lebensdauerberechnung zu überprüfen. Unabhängig vom gewählten Schädigungskonzept und den in diesem Zusammenhang herangezogenen Ermüdungskennwerten bilden zuverlässige Daten zur Quantifizierung der Werkzeugbeanspruchung letztlich die Basis jeder Lebensdauerberechnung. Mit Blick auf die genannte Zielsetzung waren daher die angesprochenen Problemstellungen zu klären, woraus eine Reihe von Arbeitspunkten resultierte, deren Inhalte und Ergebnisse im folgenden zusammengefaßt werden. Es konnte zunächst anhand unterschiedlicher Anwendungsbeispiele nachgewiesen werden, daß sich die Simulationsmodelle sowohl meßtechnisch als auch numerisch überprüfen lassen. Grundsätzlich können auch bei einer anwendungsorientierten Vorgehensweise Konvergenzanalysen zur Abschätzung der exakten Beanspruchungshöhe im Werkzeug vorgenommen werden. Dennoch bestehende Diskrepanzen zwischen den berechneten und den in der Realität, d.h. unter Produktionsbedingungen auftretenden Lebensdauerwerten, sind i.d.R. darauf zurückzuführen, daß das reale Werkzeugverhalten im Simulationsmodell nicht korrekt wiedergegeben wird. Eine vergleichsweise einfache Methode, die sich für die Modellüberprüfung als geeignet erwiesen hat, basiert auf lokalen Dehnungsmessungen an der Matrize bzw. an den Armierungsringen. Dabei können auch Effekte erkannt werden, die zu einer unbeabsichtigten und daher unerwarteten Verringerung der radialen Vorspannung führen. Weiterhin wurde die Fragestellung der korrekten Beschreibung mehrachsiger Beanspruchungszustände im Werkzeug und deren Reduzierung auf eine einparametrige Vergleichsbeanspruchung, beispielsweise durch die Anwendung eines energetischen Schädigungskonzeptes, erneut aufgegriffen. Die durchgeführten Untersuchungen haben gezeigt, daß der universelle Charakter des energetischen Schädigungskonzeptes im Einzelfall von der Art der Beanspruchungen eingeschränkt wird. Zudem erfordert die korrekte Anwendung des energetischen Konzeptes, d.h. die Berücksichtigung hydrostatischer Schädigungsanteile, hinreichend genaue Angaben über den Spannungs- und Dehnungszustand der Versuchsproben, die zur Bestimmung der Ermüdungskennwerte herangezogen wurden. Im allgemeinen stehen derartige Informationen nicht oder nur in eingeschränkter Form zur Verfügung. Die meisten Versagensfälle lassen sich jedoch auf eine einachsige Beanspruchung (z.B. Mode I-Beanspruchung) zurückführen, so daß die Lebensdauervorhersage auf Basis des einfacher zu handhabenden lokalen Dehnungsansatzes durchgeführt werden kann. Beide Schädigungsansätze sind mit dem grundsätzlichen Nachteil behaftet, daß Oberflächen- und Größeneinflüsse nicht explizit berücksichtigt werden. Es ergab sich daher die Notwendigkeit einen Ansatz vorzuschlagen, der die Größe des versagenskritisch beanspruchten Volumens in die Lebensdauerberechnung integriert. Die bislang vorliegenden Ergebnisse zeigen bereits die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes auf. Sie sollten jedoch anhand weiterer Anwendungsbeispiele überprüft werden, wobei insbesondere die Werkstoffkennwerte zur Quantifizierung der Volumenabhängigkeit der Ermüdungsfestigkeit durch weitere Versuchsreihen abzusichem sind. Mit der vorliegenden Arbeit wurde erstmals ein Konzept für die Werkzeuglebensdauervorhersage angewendet, das die numerische Beanspruchungsanalyse mit statistischen Methoden verknüpft und somit die Lebensdauervorhersage um die Prognostizierung des stochastischen Ausfallcharakters erweitert. Die in der Realität auftretende Lebensdauerstreuung konnte dabei auf die Streuungen der Beanspruchung, bestimmt durch Unsicherheiten der statischen und dynamischen Prozeßeinflußgrößen, und der Beanspruchbarkeit zurückgeführt werden. Für das ausgewählte Anwendungsbeispiel zeigte sich, daß dynamische Prozeßeinflußgrößen, wie die Fließspannung des Werkstückstoffs, für die Lebensdauerstreuung von untergeordneter Bedeutung sind. Der Einfluß der statischen Prozeßeinflußgrößen, hierunter ist primär das geometrische Vorspannmaß zwischen Matrize und Armierung zu zählen, konnte u.a. auch für bandarmierte Werkzeugsysteme nachgewiesen werden und dürfte insbesondere bei konventionellen Armierungssystemen in seiner Bedeutung noch zunehmen. Dennoch verdeutlichen die Ergebnisse der Interferenzanalysen, bzw. deren Vergleich mit den beobachteten Lebensdauerdaten, daß die ausgeprägten Lebensdauerstreuungen primär auf das Ermüdungsverhalten des Werkzeugwerkstoffs zurückgeführt werden können. Zusammenfassend ist festzustellen, daß die numerische Prozeßsimulation einen Entwicklungsstand erreicht hat, der eine hinreichend genaue Berechnung der Werkzeugbeanspruchung und damit eine Vorhersage der Werkzeuglebensdauer zuläßt. Darüber hinaus kann durch eine Variation der Werte der signifikanten Prozeßeinflußgrößen der funktionale Zusammenhang zur Werkzeugbeanspruchung aufgestellt werden. Dieser bildet die Basis für die Sensitivitätsanalyse und ermöglicht letztlich eine Berechnung der Lebensdauerstreuung bzw. der damit verbundenen statistischen Verteilungsfunktion. Die angewandte Methodik ist dadurch charakterisiert, daß einerseits die Durchführung der Variationsrechnungen mit einem hohen Rechenzeitbedarf verbunden ist, und andererseits die Ermüdungskennwerte zur stochastischen Beschreibung der Beanspruchbarkeit im allgemeinen nicht in der erforderlichen Qualität verfügbar sind. Während der erste Gesichtspunkt mit fortschreitender Entwicklung der Rechnerleistung zunehmend an Bedeutung verliert, konnten die bislang nur unzureichend verfügbaren Daten zur Charakterisierung der Ermüdungsfestigkeit für ausgewählte Werkzeugstähle im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls bereitgestellt werden., The prediction of tool life and reliability at an early stage in the development phase is an essential prerequisite for the correct dimensioning of the tool system and the evaluation of optimization measures. The previously known possibilities of failure simulation were limited in principle to the localization of the tool areas critical to failure and to the estimation of the average tool life. The task and subject of the present research work was to extend the tool life prediction by the specification of the statistical distribution of the failure probability. The forecasting of such attributed service life data forms the basis for lower, and at the same time foreseeable and therefore predictable machine downtimes. Furthermore, higher service life values lead to a reduction of the tool cost share in the production costs. A suitable planning tool for the simulation-based tool life prediction is the concept of the comparison of the actual tool stress and it`s stress resistance. It is a deterministic-probabilistic approach that combines the numerical simulation of the forming process, the modeling of specific failure mechanisms and statistical methods such as interference analysis. The statistical methods make it possible to measure the uncertainties and the spread of the primary process influencing variables, which ultimately represent the cause of the pronounced spread of the service life. In order to apply an approach of this kind to real problems, a number of prerequisites had to be met. Initially, these were statistically verified parameters to describe the fatigue behavior of the respective tool material. Furthermore, on the basis of the fatigue parameters, damage concepts had to be further developed or damage concepts already available had to be checked with regard to their performance and universal applicability for the service life calculation. Irrespective of the selected damage concept and the fatigue parameters used in this context, reliable data for quantifying the tool stress ultimately form the basis of any service life calculation. With a view to the stated objective, the problems addressed had to be clarified, which resulted in a number of working points, the contents and results of which are summarized below. It was first possible to demonstrate using different application examples that the simulation models can be checked both in terms of measurement technology and numerically. In principle, even with an application-oriented approach, convergence analyzes can be carried out to estimate the exact level of stress in the tool. However, there are discrepancies between the calculated and the real, i.e. Lifetime values occurring under production conditions are usually attributable to the fact that the real tool behavior is not reproduced correctly in the simulation model. A comparatively simple method, which has proven to be suitable for the model check, is based on local strain measurements on the die or on the reinforcement rings. Effects can also be identified that lead to an unintentional and therefore unexpected reduction in the radial preload. Furthermore, the question of the correct description of multi-axis stress conditions in the tool and its reduction to a one-parameter comparative stress, for example by using an energetic damage concept, was taken up again. The investigations carried out have shown that the universal character of the energetic damage concept is limited in individual cases by the type of stress. In addition, the correct application of the energetic concept, i.e. the consideration of hydrostatic damage, sufficiently precise information about the stress and strain state of the test samples, which were used to determine the fatigue parameters. In general, such information is not available or is only available to a limited extent. Most failures can, however, be traced back to a uniaxial stress (e.g. Mode I stress), so that the service life prediction can be carried out based on the easier to use local strain approach. Both damage approaches have the fundamental disadvantage that surface and size influences are not explicitly taken into account. Therefore, there was a need to propose an approach that integrates the size of the failure-critical volume into the service life calculation. The results so far already show the effectiveness of this approach. However, they should be checked on the basis of further application examples, in particular the material properties for quantifying the volume dependence of the fatigue strength must be verified by further test series. With the present work, a concept for tool life prediction was used for the first time, which links the numerical stress analysis with statistical methods and thus extends the life expectancy with the prediction of the stochastic failure character. The life-time variance that occurred in reality could be traced back to the variance of the stress, determined by the uncertainties of the static and dynamic process influencing variables, and the stressability. For the selected application example, it was found that dynamic process influencing variables, such as the yield stress of the workpiece material, are of minor importance for the lifetime scatter. The influence of the static process influencing variables, which primarily includes the geometrical prestressing dimension between the die and the reinforcement, could also be demonstrated for band-armored tool systems and its importance is likely to increase, particularly in the case of conventional armoring systems. Nevertheless, the results of the interference analyzes, or their comparison with the observed service life data, make it clear that the pronounced spread of the service life can primarily be attributed to the fatigue behavior of the tool material. In summary, it can be stated that the numerical process simulation has reached a state of development that allows a sufficiently precise calculation of the tool load and thus a prediction of the tool life. In addition, the functional relationship to tool stress can be established by varying the values of the significant process influencing variables. This forms the basis for the sensitivity analysis and ultimately enables a calculation of the lifetime spread or the associated statistical distribution function. The methodology used is characterized in that on the one hand the execution of the variation calculations is associated with a high computing time requirement and on the other hand the fatigue parameters for the stochastic description of the loadability are generally not available in the required quality. While the first point of view is becoming less and less important as computer performance continues to develop, the data to characterize the fatigue strength for selected tool steels, which has hitherto been insufficiently available, could also be provided as part of this work., Fertigungstechnik - Erlangen, 100