Diese Abhandlung widmet sich dem Schubtragverhalten querausgesteifter Blechträger bei Raumtemperatur und im Brandfall. Aufgrund ihrer meist grossen Schlankheit sind die Stegbleche solcher Träger auf das Schubbeulen anfällig. Mit dem Stegbeulen ist der Schubwiderstand eines Blechträgers für gewöhnlich jedoch noch nicht erreicht. Eine diagonale Zugfeldwirkung infolge von Membranspannungen im verformten Stegblech ermöglicht oftmals eine deutliche zusätzliche Belastung. Die Bemessungsmodelle, welche noch heute üblicherweise zur Abschätzung des Schubwiderstands von Blechträgern angewendet werden, basieren auf Versuche, welche in den 1960er- bzw. 1970er-Jahren bei Raumtemperatur durchgeführt wurden. Während einige der dabei untersuchten Träger mit der Ausbildung von Fliessgelenken in den Flanschen versagten, so stellte sich das Versagen anderer Träger ohne sichtbare Flansch-Durchbiegungen ein. Infolgedessen wird in gewissen Bemessungsmodellen davon ausgegangen, dass das Schubversagen mit der Ausbildung von Flansch-Fliessgelenken zusammenfällt, während eine entsprechende Mitwirkung der Flansche bei der Abtragung der Schubbelastung in anderen Modellen vernachlässigt wird. Es ist nicht abschliessend geklärt, ab welcher Belastung sich Flansch-Durchbiegungen einstellen und ob diese auf eine Verankerung der Steg-Zugfelder zurückzuführen sind. Obwohl der Schubbemessung von Blechträgern im Brandfall eine noch grössere Bedeutung zukommt als bei Raumtemperatur, so ist das Schubtragverhalten von Blechträgern im Brandfall noch nicht intensiv erforscht worden. Es fehlen dabei insbesondere zweckmässig durchgeführte Experimente. Infolge der rascheren Erwärmung des Stegblechs im Vergleich zu den Flanschen entstehen einerseits thermisch bedingte Zwängungen innerhalb des Träger-Querschnitts. Andererseits werden die mechanischen Materialeigenschaften des Stegblechs dadurch schneller reduziert als diejenigen der Flansche. Diese Umstände können dazu führen, dass der Versagensmechanismus von einem Biegeversagen bei Raumtemperatur hin zu einem Schubversagen im Brandfall wechselt. Die ursprünglich für Raumtemperatur entwickelten Bemessungsmodelle werden aktuell lediglich durch die temperaturabhängige Reduktion der Steifigkeit und der Festigkeit für den Brandfall adaptiert. Das primäre Ziel des Forschungsprojekts besteht darin, das Schubtragverhalten von Blechträgern bei Raumtemperatur und im Brandfall sowohl experimentell als auch numerisch detailliert zu analysieren. Dabei wird insbesondere systematisch auf das lokale Steg- bzw. Flansch-Verhalten fokussiert. Die Untersuchungen ermöglichen, nebst der Quantifizierung des Einflusses ausgewählter Parameter auf das Schubtragverhalten von Blechträgern, eine fundierte Überprüfung der Bemessungsmodelle respektive der darin enthaltenen Annahmen. Die experimentellen Untersuchungen umfassen Versuche an grossmassstäblichen Blechträgern bei Raumtemperatur (vier Versuche) und im Brandfall (acht Versuche). Die Experimente im Brandfall sind die ersten Versuche, welche an Blechträgern (ohne obenliegende Betonplatte) bei Bedingungen durchgeführt wurden, wie sie im Brandfall üblicherweise vorherrschen (konstante mechanische Belastung und ansteigende Temperaturen). Zusammen mit begleitend durchgeführten, umfangreichen Materialtests schaffen diese Versuche eine Datengrundlage, welche zur Validierung numerischer Modelle dringend benötigt wird. Mit sehr gut validierten numerischen Modellen (Methode der finiten Elemente) werden die experimentellen Beobachtungen bestätigt. Zudem ermöglicht eine numerische Parameterstudie die Analyse des Einflusses zusätzlicher Parameter auf das Schubtragverhalten von Blechträgern (Raumtemperatur und Brandfall). Die Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Flansch-Durchbiegungen auf eine entsprechende Verankerung der Steg-Zugfelder zurückzuführen sind. Diese Mitwirkung der Flansche setzt, sowohl bei Raumtemperatur als auch im Brandfall, in sehr guter Näherung zu demjenigen Zeitpunkt ein, bei welchem sich der Bereich plastischer Dehnungen über die gesamte Diagonale des ausgebeulten Stegblechs erstreckt. Der Kraft-Verformungs-Verlauf von Blechträgern bei Raumtemperatur weist, wie die Untersuchungen ferner aufzeigen, generell zwei lokale Kraft-Maxima auf. Es wird aufgezeigt, dass sich diejenigen Bemessungsmodelle, welche eine Mitwirkung der Flansche vernachlässigen, auf den ersten dieser zwei Kraft-Peaks beziehen. Demgegenüber handelt es sich beim Schubwiderstand, wie er mit den Bemessungsmodellen unter Berücksichtigung einer Flansch-Mitwirkung ermittelt wird, phänomenologisch um den zweiten Kraft-Peak. Zudem wird aufgezeigt, dass das Schubversagen von Blechträgern im Brandfall mit der Ausbildung von je zwei Fliessgelenken in den Flanschen zusammenfällt. Phänomenologisch sind Bemessungsmodelle, welche die Mitwirkung der Flansche bei der Abtragung der Schubbelastung vernachlässigen, für den Brandfall somit als ungeeignet zu betrachten und führen in gewissen Fällen zu sehr vorsichtigen Abschätzungen des Schubwiderstands von Blechträgern. Ferner deutet die numerische Parameterstudie darauf hin, dass thermische Dehnungen bzw. daraus resultierende Zwängungen den Brandwiderstand (Zeitpunkt des Schubversagens) von Blechträgern lediglich marginal beeinflussen. Die Vernachlässigung thermischer Dehnungen in den für den Brandfall adaptierten Bemessungsmodellen kann demzufolge als zweckmässige Vereinfachung betrachtet werden. Es wird empfohlen, insbesondere das Schubtragverhalten von Blechträgern im Brandfall im Rahmen zukünftiger Forschungsprojekte weiter zu untersuchen. Die in dieser Abhandlung vorgestellten Blechträger-Versuche sind dabei von grossem Wert, da sie, in Kombination mit den umfangreichen Materialtests bei erhöhten Temperaturen und Dehnraten, zur Validierung zukünftiger numerischer Modelle verwendet werden können., This thesis focuses on the shear load-carrying behaviour of transversely stiffened steel plate girders both at ambient temperature and in fire. Due to their high slenderness, the web plates of such girders are susceptible to web shear buckling. However, the shear resistance of a plate girder is generally not yet reached with the onset of web shear buckling. A diagonal tension field action, stemming from membrane stresses in the buckled web plate, typically enables a significant additional loading. The design models, which are commonly used to estimate the shear resistance of plate girders, are based on experiments conducted in the 1960s and 1970s at ambient temperature. While some of the tested plate girders failed with the formation of plastic hinges in the flanges, other girders failed without visible flange deflections. As a result, certain design models assume that the shear failure of plate girders coincides with the formation of plastic hinges in the flanges, while other models neglect the corresponding flange contribution. It has not been conclusively clarified at which load level the flanges of plate girders start to undergo deflections and whether these flange deflections can be attributed to a respective anchoring of the tension field. Although the design of steel plate girders in shear becomes even more important in fire than at ambient temperature, the shear load-carrying behaviour of steel plate girders in fire has not yet been intensively investigated. In particular, results of representative experiments are lacking. Due to the faster heating of the web plate compared to the flanges, thermal constraints arise on the one hand within the cross-section of the girder. On the other hand, the mechanical material properties of the web plate are reduced at a more rapid pace than those of the flanges. These effects can cause the failure mechanism to change from a bending failure at ambient temperature to a shear failure in fire. The design models originally developed for ambient temperature are currently only adapted for fire by reducing the stiffness and the strength in a temperature-dependent manner. The primary objective of the research project is to analyse in detail the shear load-carrying behaviour of steel plate girders at ambient temperature and in fire both experimentally and numerically. In particular, the investigations systematically focus on the local web and flange behaviour. In addition to the quantification of the influence of selected parameters on the shear load-carrying behaviour of steel plate girders, the investigations allow a well-founded examination of the design models and the assumptions implemented therein. The experimental investigations comprise tests on large-scale steel plate girders at ambient temperature (four tests) and in fire (eight tests). The experiments in fire are the first tests which were performed on steel plate girders (without concrete slab on top) under conditions which usually prevail in case of fire (constant mechanical load and increasing temperatures). Together with accompanying extensive material tests, these experiments create a data basis which is urgently needed for the validation of numerical models. The numerical models developed within the framework of this research project (finite element method), which can be validated very well with the experimental results, confirm on the one hand the experimental observations. In addition, a numerical parametric study allows the analysis of the influence of additional parameters on the shear load-carrying behaviour of steel plate girders both at ambient temperature and in fire. The investigations indicate that the flange deflections can be attributed to a corresponding anchoring of the tension field. This contribution of the flanges starts, both at ambient temperature and in fire, in a very good approximation at the point in time at which the area of plastic strains extends over the entire diagonal of the buckled web plate. At ambient temperature, the force-displacement graphs of steel plate girders in shear generally contain two local force maxima, as the investigations also reveal. It is shown that those design models, which neglect the contribution of the flanges, refer to the first of these two force peaks. On the other hand, the shear resistance, as estimated with the design models under consideration of a flange contribution, phenomenologically corresponds to the second force peak. It is also shown that the shear failure of plate girders in fire coincides with the formation of two plastic hinges in each of the flanges. Phenomenologically, design models that neglect the contribution of the flanges to the shear resistance must therefore be regarded as unsuitable for fire and lead, in certain cases, to very conservative estimates of the shear resistance of steel plate girders. Furthermore, the numerical parametric study indicates that thermal expansions or resulting constraints have only a marginal influence on the fire resistance (time of shear failure) of steel plate girders. The neglect of thermal expansions in the fire adapted design models can therefore be regarded as an appropriate simplification. It is suggested to conduct further research especially into the shear load-carrying behaviour of steel plate girders in fire. In this context, the results presented in this thesis are of great value as they can be used to validate numerical models and as they provide temperature- and strain-rate-dependent constitutive data that are needed as input for finite element models.