Politische Werbung in sozialen Netzwerken spielt eine immer größere Rolle: Durch die Auswertung und Analyse der in sozialen Netzwerken befindlichen, personenbeziehbaren Nutzerdaten (dem sog. Microtargeting) lassen sich individualisierte Werbebotschaften und Anzeigen erstellen, die auf unterschiedlichste Nutzergruppen zugeschnitten werden können. Während in den USA Microtargeting bereits seit geraumer Zeit von Politikern und Parteien in Wahlkämpfen eingesetzt wird, steht Deutschland bei dieser Entwicklung erst am Anfang. Neben Parteien und Politikern vertreten jedoch auch andere Institutionen, Organisationen und Nutzer politische oder gesellschaftlich relevante Standpunkte und bewerben diese in sozialen Netzwerken. Hinsichtlich bezahlter Werbeanzeigen sind in Deutschland die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände kontinuierlich aktiv. Daher stellt sich die Frage, ob sich bei der politischen Werbung dieser Organisationen bereits Hinweise für ein Nutzertargeting finden lassen? Auf Basis unserer Daten aus der Facebook Ad Library soll im Artikel dieser Frage nachgegangen werden. Mit seiner Ad Library sammelt und veröffentlicht das Unternehmen Facebook seit 2019 nach eigenen Angaben alle politisch und gesellschaftlich relevanten Werbeanzeigen, für die Werbetreibende bezahlt haben. Vor diesem Hintergrund werden die unterschiedlichen Werbestrategien der deutschen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände im ersten Teil des Artikels anhand der Anzeigenanzahl, der Werbekosten und der Reichweite der bezahlten Werbung innerhalb des Beobachtungszeitraums März 2019 bis Juni 2020 verglichen. Im zweiten Teil wird versucht, mögliche Targeting-Strategien anhand der demographischen und der räumlichen Verteilung der Facebook - Nutzern nachzuzeichnen, denen die Werbung angezeigt worden ist.