Hintergrund. Die Anlage einer Thoraxdrainage wird bei der Versorgung von Polytraumatisierten als notarztliche Routinemasnahme gefordert. Die Koniotomie und der intraossare Zugang sind dagegen seltener indizierte Masnahmen, deren Beherrschung aber in Einzelfallen fur das Uberleben des Patienten entscheidend sein kann. Da ein Grosteil der Notfallmediziner nur unzureichende Erfahrung im Umgang mit diesen Techniken aufweist, war es Ziel dieser Arbeit, ein mogliches Ausbildungskonzept zur Erlernung dieser Techniken vorzustellen und zu evaluieren. Methodik. Im November 2001 wurde von unserer Institution in Zusammenarbeit mit dem Anatomischen Institut II der Universitat Heidelberg erstmals der Workshop “Invasive Notfalltechniken (INTECH): Thoraxdrainage – Koniotomie – intraossarer Zugang” veranstaltet. Nach Darstellung der anatomischen Grundlagen und Besonderheiten der relevanten Korperregionen wurden die Techniken der Thoraxdrainage, der Koniotomie sowie des intraossaren Zugangs im Detail vorgestellt. Im Anschluss an diesen theoretischen Veranstaltungsabschnitt bildeten Videodemonstrationen sowie praktische Ubungen an der Leiche den Schwerpunkt. Abschliesend wurden die Teilnehmer zum Grund ihrer Kursteilnahme und ihren bisherigen Erfahrung mit diesen Notfalltechniken in schriftlicher anonymisierter Form befragt sowie gebeten, das didaktische Konzept dieser Veranstaltung zu bewerten (1=sehr gut; 6=sehr schlecht). Ergebnisse. Insgesamt wurden die Fragebogen von 66 der 86 Teilnehmer (77%) ausgewertet. Hiervon waren 40 Teilnehmer mit 13±8 (4–30) Einsatzen pro Monat seit 6,5±6,3 (0,5–22) Jahren notarztlich tatig. Als Grund fur die Kursteilnahme wurde am haufigsten (52%) mangelnde Praxis genannt: 98% der Notarzte hatten vor der Veranstaltung noch keine Koniotomie, 85% noch keinen intraossaren Zugang und 28% noch keine Thoraxdrainage praklinisch durchgefuhrt. Die Ausbildungsabschnitte “Anatomische Grundlagen”, “Koniotomie”, “i.o.-Zugang” und “Thoraxdrainage” des Theorieteils wurden mit 2,3±0,8, 1,7±0,7, 1,5±0,5 bzw. 1,7±0,7, die Abschnitte “Koniotomie”, “i.o.-Zugang”, “Thoraxdrainage” des Praxisteiles mit 1,9±0,7 bzw. jeweils 1,6±0,8, die “Lagedemonstration” mit 1,7±0,8 sowie die praktischen Ubungen insgesamt mit 1,4±0,7 bewertet. Schlussfolgerung. Diese Ergebnisse zeigen, dass – obwohl im Rahmen des Polytraumamanagements gefordert – selbst langjahrig tatige Notarzte haufig keine ausreichenden Kenntnisse im Legen einer Thoraxdrainage haben. Erfahrungen mit anderen im Einzelfall als lebensrettend empfohlenen notarztlichen Masnahmen liegen bei uber 80% der Notfallmediziner ebenfalls nicht vor. Trotz des Einwandes, dass es sich bei den Workshop-Teilnehmern um eine selektionierte Studiengruppe handelt, scheinen diese Zahlen jedoch die Realitat widerzuspiegeln: Aufnehmende Zentren berichten uber erhebliche und gravierende Versorgungsmangel bei notarztlich versorgten Polytraumatisierten. In Zusammenarbeit mit anatomischen Instituten konnten streng praxisorientierte Workshops diese Ausbildungslucke schliesen. Da es sich in anatomischen Instituten in der Regel um fixierte Leichenpraparate handelt, muss allerdings auf etwaige Unterschiede zur Durchfuhrung beim Lebenden hingewiesen werden. Trotz dieser geringen Einschrankungen konnen praktische Ubungen dem Defizit bei der Versorgung von Notfallpatienten entgegenwirken und sollten daher in zukunftige Ausbildungskonzepte fest integriert werden.