Im Jahr 1993 wurde das Polyketid Rhizopodin (Abbildung 1) aus dem Myxobakterium Myxococcus stipitatus isoliert. Studien mit der gereinigten Substanz ergaben, dass Rhizopodin bereits bei nanomolaren Konzentrationen einen drastischen Effekt auf das Zytoskelett eukaryotischer Zellen aus bt. Es wurde vermutet, dass diese Eigenschaft auf der F higkeit des Naturstoffs beruht, das eukaryotische Protein Aktin zu binden und dessen Polymerisation zu st ren. Als Struktur f r das Rhizopodin wurde ein Makrolidring bestehend aus 19 Atomen, einem disubstituierten Oxazolring sowie einem konjugierten Diensystem mit insgesamt neun stereogenen Zentren vorgeschlagen (Abbildung 1a). Um den Bindungsmodus des Rhizopodins an G-Aktin und die absolute Konfiguration des Naturstoffs zu ermitteln, haben wir den Komplex aus Rhizopodin und Kaninchenmuskelaktin kristallisiert und seine Kristallstruktur bei 2.4 Aufl sung untersucht. berraschend zeigt die Kristallstruktur, dass Rhizopodin ein C2-symmetrisches Dilacton ist. Dementsprechend besteht Rhizopodin aus einem Makrolidring mit 38 Atomen, zwei disubstituierten Oxazolringen und zwei konjugierten Diensystemen mit insgesamt 18 stereogenen Zentren. Basierend auf der Kristallstruktur beschreiben wir hier die biologisch aktive Konformation dieses Rhizopodin-Dilactons sowie die absolute Konfiguration der 18 stereogenen Zentren. Die Interaktion zwischen Rhizopodin und G-Aktin wurde in vitro anhand von Polymerisationsexperimenten mit Pyrenmodifiziertem G-Aktin untersucht. Es zeigt sich, dass eine steigende Rhizopodin-Konzentration die Aktinpolymerisation zunehmend inhibiert, wobei die Polymerisation ab einem st chiometrischen Verh ltnis von 0.5 Rhizopodin-Dilacton pro G-Aktin vollst ndig unterbunden ist. Rhizopodin f hrt zudem in Gelpermeationsexperimenten zu einer Verringerung des Elutionsvolumens von G-Aktin. Diese Beobachtungen lassen auf eine durch Rhizopodin induzierte Dimerisierung des Aktins schliesen. In vivo w rde vermutlich ein deutlich geringerer st chiometrischer Anteil an Rhizopodin die Dynamik des Zytoskeletts empfindlich st ren, da der Einbau eines einzigen Aktin-Rhizopodin-Dimers in ein Aktinfilament dessen Wachstum unterbinden w rde. Orthorombische Kristalle des gereinigten Aktin-Rhizopodin-Komplexes beugen R ntgenstrahlung bis zu einer Aufl sung von 2.4 . Die Struktur des Komplexes wurde mittels molekularen Ersatzes gel st, wobei als Suchmodell die Struktur des Tetramethylrhodamin(TMR)-gebundenen Aktins aus Kaninchenmuskel (PDB: 1J6Z) eingesetzt wurde. Die asymmetrische Einheit des Aktin-RhizopodinKomplexkristalls umfasst zwei Aktinmonomere (A und B), die ber eine senkrecht zur kristallographischen c-Achse liegende, nicht-kristallographische zweiz hlige Drehachse ineinander berf hrt werden. Die kristallographischen Daten sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Abbildung 1. Struktur von Rhizopodin. a) Die urspr nglich vorgeschlagene Monolactonstruktur. b) berarbeitete, C2-symmetrische Dilactonstruktur inklusive der Stereochemie. c) Kugel-Stab-Modell der biologisch aktiven Konformation des Rhizopodins. Die berlagerung des Rhizopodins (gr n) mit einer um 1808 gedrehten Kopie (rot) belegt die C2-Symmetrie des Molek ls. Die Konfigurationszuordnung der stereogenen Zentren (Sternchen) ist konsistent.