Der kleine Saturnmond Enceladus ist eines der faszinierendsten und spannendsten Objekte in unserem Sonnensystem. Die NASA Raumsonde Cassini entdeckte beim Vorbeiflug eine anomale Zone erhöhter Temperatur in der Südpolarregion, und geysirartige Fontänen aus Wasserdampf und Wassereisteilchen (engl. "Plume"), die von Bruchlinien in der Südpolarregion, den sogenannten "Tiger-Streifen", ausgehen, und die bis in eine Höhe von 500 km zu beobachten sind. Die Entdeckung dieser kryovulkanischen Geysire macht Enceladus einzigartig: er ist der einzige Eismond unseres Sonnensystems auf dem aktuell eine bekannte permanente geologische Aktivität stattfindet. Die Fontänen aus Wasserdampf und Eispartikeln erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 1000 m/s, und übersteigen die Fluchtgeschwindigkeit von Enceladus (v_esc = 239 m/s). Der Nachweis von Natriumsalzen und Siliziumhaltigen Molekülen im Plume legt nahe, dass die Eispartikeln aus einem flüssigen Wasserreservoir stammen, welches in Kontakt mit dem heißen, felsigen Kern von Enceladus steht. Es gibt starke Anzeichen, dass dieses flüssige Reservoir ein unterirdischer Ozean ist, der 8-30 km dick ist und sich in der Südpolarregion unter einem Eismantel von 2-40 km Dicke befindet. Neuere Arbeiten deuten darauf hin, dass es sich dabei nicht nur um einen lokalen polaren See handelt, sondern vielmehr sogar um einen globalen unterirdischen Ozean. Es ist durchaus möglich, dass am Grund dieses unterirdischen Ozeans hydrothermale Quellen existieren, analog den "Schwarzen" bzw. "Weißen Rauchern" am Grund der Tiefsee auf der Erde. Die hydrothermalen Quellen auf der Erde und die in deren Umgebung stattfindenden chemischen Reaktionen, die die Existenz von chemolithotroph aktiver Bakterien und Archaeen ermöglicht, stellen eine potentielle Erklärung für den Ursprung des irdischen Lebens dar. Aus diesem Grund ist der kleine Mond Enceladus für die Astrobiologie von großem Interesse, da er einen äußerst interessanten Kandidaten für mögliches außerirdisches Leben in unserem eigenen Sonnensystem repräsentiert. Der Wasserdampf in den Fontänen entsteht durch Verdampfung in der Tiefe in Kammern an der Oberfläche des unterirdischen Wasserreservoirs, und bewegt sich im Eismantel durch ein System von Brüchen, Rissen, Spalten und Röhren, quasi einem Rohrleitungs-System (engl. "Plumbing System") im Eis, aufwärts. In dieser Arbeit wurde anhand eines Models einer zylindrischen Eisröhre, welche von einem Eismantel umgeben ist, der Wärmeverlust entlang eines Eisspalt-Kanals analysiert. Der Wärmeverlust beim Aufsteigen durch die Eiskanäle ist ein wesentlicher Aspekt des sogenannten "Plumbing-System Problems", denn falls dieser zu groß ist, drohen die Kanäle zuzufrieren. Doch die Risse und Spalten, durch die Wasserdampf und Eispartikel vom unterirdischen Ozean bis zur Oberfläche strömen, müssen lange genug offen bleiben, d.h. sie dürfen nicht zu schnell zufrieren. Die Differentialgleichungen, die den Wärmetransfer bzw. den Wärmeverlust des Wassers beim Transport durch eine Eisröhre beschreiben, wurden in dieser Arbeit aufgestellt, und es wurden Lösungen für diese Differentialgleichungen für verschiedene Umgebungsparameter und Randbedingungen ausgearbeitet. Der Verlauf der Temperatur T_out(L) des Wassers/Wasserdampfes entlang der Eisröhre wurde als Funktion der Kanallänge L für verschiedene Werte der Anfangstemperatur T_in(L) und diverse Werte des Röhrenradius r berechnet, um zu bestimmen, welche Kombinationen von Röhrenlängen L und Röhrendicken w = 2r stabile Parameter darstellen, bei denen der Eiskanal nicht zufriert. Die in dieser Arbeit durchgeführten Berechnungen veranschaulichen, dass bei kleineren Eisröhrenradien r < 1 m die Temperatur steil abfällt, wohingegen bei größeren Radien r > 1 m der Abfall moderater ausgeprägt ist. Weiters zeigen die Modellrechnungen dieser Arbeit, dass bei Röhrenradii r >~ 1m Wasser entlang eines Kanals von mehreren km Länge flüssig bleibt. Diese Resultate sind qualitativ in Übereinstimmung mit der aktuellen Literatur, wo Röhrendurchmesser w = 2r ~ 1-2 m vorgeschlagen werden, um ein Nicht-Zufrieren der Eiskanäle zu garantieren. Der Hauptteil dieser Arbeit ist der Untersuchung des Durchflusses des Wasserdampfes durch das aus Brüchen, Rissen, Spalten und Röhren bestehende "Plumbing-System" gewidmet. Die physikalischen Größen, die diesen Durchfluß beschreiben, nämlich Druck- und Geschwindigkeits-Verteilungen, wurden mittels numerischer Simulationen der Navier-Stokes Gleichungen bestimmt, welche die Dynamik viskoser Flüssigkeiten beschreiben. Die durch Risse und Brüche entstandenen Eiskanäle wurden als 2-dimensionale bzw. 3-dimensionale geometrische Objekte modelliert, die verwendeten Geometrien erstrecken sich von einfachen Formen wie Rechtecken und Zylindern bis zu komplexeren Ausprägungen, welche Verengungen, Einschnürungen, Knicke, Verzweigungen, und 'Zick-Zack' Linien beinhalten, wobei letztere Formen tatsächliche physikalische Strukturen, wie sie möglicherweise auf Enceladus vorkommen, realistischer abbilden. Für die numerischen Simulationen wurde in dieser Arbeit die Open-Source Berechnungs-Plattform FEniCS verwendet, welche eine Vielzahl von Modulen zum Lösen partieller Differentialgleichungen bereitstellt, die auf der Methode der finiten Elemente basieren. Mit Hilfe dieses Werkzeuges wurden die diskretisierten Navier-Stokes Gleichungen für verschiedene 2-dim und 3-dim Eiskanal-Geometrien auf numerischem Wege gelöst. Es wurden die Geschwindigkeits- und Druckverteilungen von Flußröhren bestimmt, deren Längen von L = 20 m (nur zur Kalibrierung), 100 m and 1000 m und deren Durchmesser von w = 0.6 - 6 m variieren. Während einfache Geometrien (Rechtecke, Zylinder) naturgemäß triviale Resultate liefern (die Geschwindigkeit im inneren Teil der Röhre ist konstant und unabhängig von der z-Koordinate), zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit für komplexere Geometrien, die Knicke und Einschnürungen beinhalten, sehr klar, dass die Geschwindigkeit u in der Umgebung dieser Knicke und Verengungen deutlich erhöht ist, was eine Folge des Venturi-Effektes ist, der den Geschwindigkeitsanstieg eines durch eine verengte Röhre strömenden Fluids beschreibt. Dieser Effekt ist für eine Form mit einer Einschnürung stärker ausgeprägt als für eine Geometrie mit nur einem einfachen Knick. Die höchsten Geschwindigkeits-Werte sind innerhalb der Einengungen eines Eiskanals lokalisiert, die Maximalgeschwindigkeit v_max (definiert als Maximalwert des Geschwindigkeitsfeldes einer bestimmten einzelnen Computersimulation) liegt in der Größenordnung von mehreren 100 m/s. Die numerisch anspruchsvollste und komplexeste Eiskanal-Struktur, die in dieser Arbeit im 2-dimensionalen Fall untersucht wurde, ist eine Geometrie, welche eine Verzweigung und mehrere Einengungen und Knicke beinhaltet (in der Arbeit informell als 'Zick-Zack' Schlot bezeichnet). Eine solche Struktur enthält Elemente, die in einem echten Eismantel durchaus vorkommen können, und die somit einem physikalischen Eisbruchkanal näherungsweise entsprechen könnte. Die höchsten Geschwindigkeiten in solchen 'Zick-Zack' Schloten treten an den Ausstoß-Punkten auf, wo der Wasserdampf eruptiv an der Oberfläche austritt. Die Simulationen dieser Arbeit liefern an diesen Extremstellen Werte von 100 m/s bis zu Spitzenwerte von mehr als 1000 m/s, welche die Entweichgeschwindigkeit von Enceladus, v_esc = 239 m/s, klar überschreiten. Diese Zahlenwerte für die Maximalgeschwindigkeit der Plume-Jets sind mit Resultaten aus der Literatur konsistent, die mit diversen, (auch im Vergleich zu dieser Arbeit) qualitativ unterschiedlichen Methoden ermittelt wurden. Eine DVD ist der Arbeit beigelegt, die Videos der 3D-Simulationen enthält.