Thema dieser Dissertation sind neo- bzw. adjuvante Therapieformen zur operativen Therapie von RPLS. Sarkome sind bösartige Neoplasien des mesenchymalen Gewebes, im Retroperitonealraum ist das Liposarkom die häufigste Form. Liposarkome sind bekannt für ihre ausgesprochen großen Tumordurchmesser bei Diagnose, das starke Verdrängen von anliegenden Organen, die hohe Rate an Lokalrezidiven und das vergleichsweise seltenere Vorkommen von Fernmetastasen. Bekannt ist auch, dass es keine Sarkom-spezifischen Symptome gibt. Ein Sarkom kann, gerade wenn es nicht augenscheinlich an den Extremitäten, sondern verborgen im Retroperitoneum auftritt, lange Zeit unbemerkt vor sich hinwachsen, bis es Beschwerden macht und entdeckt wird. Die Erstdiagnose wird daher oft erst in einem fortgeschrittenem Tumorstadium oder als Zufallsdiagnose gestellt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es bezüglich der „richtigen“ Therapie von Liposarkomen keine eindeutige Aussage, da das Sarkom generell ein sehr seltener Tumor ist, welches insbesondere in der Lokalisation des Retroperitoneums noch viel seltener auftritt. Einzig unbestritten ist zum jetzigen Zeitpunkt, dass eine vollständige Tumorresektion vor allem die Lokalrezidivrate am effizientesten verhindern kann. Da für die tumorbedingte Morbidität im Krankheitsverlauf vor allem diese Lokalrezidive eine große Rolle spielen, kommt der operativen Therapie eine besondere Bedeutung zu. Das geht so weit, dass man, um möglichst radikal zu sein, gesunde, anliegende Organe mitreseziert und somit „opfert“. Neoadjuvante Therapiekonzepte sollen deshalb helfen, eine vollständige Resektion des Tumors im Sinne einer R0-Resektion zu erreichen. Wichtig ist aus diesem Grund die Biopsie zum Diagnosezeitpunkt, wie sie am Universitätsklinikum Tübingen bereits 2011 eingeführt wird, um den histologischen Typ des Sarkoms zu definieren und die Therapie des Sarkoms vorab interdisziplinär zu besprechen und individuell zu planen. Daher und da diese Weichteiltumore generell selten sind, sollte die Behandlung von Sarkomen an einem geeigneten Zentrum mit Erfahrung in der Sarkombehandlung stattfinden. Mit der neoadjuvanten, aber auch adjuvanten Therapie beim RPLS hat sich diese Arbeit näher befasst. Hierfür wurden am UKT retrospektiv erwachsene Patienten gesucht, welche an einem derartigen retroperitonealem Liposarkom in der Allgemein- und Viszeralchirurgie Tübingen operiert wurden. Von Oktober 2004 bis Juli 2017 konnten so 34 Patienten in diese Studie eingeschlossen werden, die die oben genannten Kriterien erfüllten. In erster Linie wurden diese Patienten anhand der durchgeführten Therapie, einer rein operativen Resektion, gegenüber einer neoadjuvanten Therapie mit anschließender operativer Resektion, aufgeteilt. Besonderes Augenmerk galt danach dem Outcome der beiden Gruppen im Vergleich, wobei sowohl das Gesamtüberleben als auch die Rezidiv freie Zeit als Maßstab dienten. Jedoch auch allgemeine Faktoren wie Tumorgröße, Geschlechterverteilung, Tumorstadium bei Erstdiagnose oder führende Beschwerdesymptomatik bei Erstvorstellung wurden untersucht. Bei einer nahezu ausgeglichenen Geschlechterverteilung in dieser Studie mit 18 männlichen erwachsenen Patienten und 16 weiblichen erwachsenen Patienten sahen wir eine grundlegende Herausforderung darin, dass der Tumor bei Erstdiagnose im Durchschnitt bereits einen Durchmesser von 25 Zentimeter aufwies. Demgegenüber war die Tumorgröße beim Rezidiv mit 15 Zentimeter etwas kleiner. Auch Ziel dieser Studie war es, den Einfluss der R0-Resektion auf das Überleben zu betrachten. Jedoch zeigte sich die Rezidivrate vom initialen Resektionsausmaß bei einem Wert von 85 % unbeeindruckt, unabhängig ob eine vollständige R0- oder eine marginale R1-Resektion stattgefunden hatte. Dennoch erkannte man eine Tendenz, dass bei einer R0- Resektion ein Rezidiv im Durchschnitt erst nach 40 Monaten wiederauftrat. Bei den Patienten mit R1-Resektion war dies im Durchschnitt bereits nach 23 Monaten der Fall. Zehn der insgesamt 34 Patienten erhielten schließlich vor definitiver operativer Sanierung eine neoadjuvante Therapie. Fünf Patienten im Sinne einer reinen Bestrahlung, fünf Patienten in Form einer kombinierten Radio-/Chemotherapie. Die Nachsorge betrug im Gesamtdurchschnitt 68 Monate und beinhaltete meist 6-monatliche Vorstellungen, mit Bildgebung und klinischer Untersuchung, entweder in einer Ambulanz des UKT oder aber bei den ambulant behandelnden niedergelassenen Kollegen. Von den zehn Patienten mit zusätzlicher neoadjuvanter Therapie verstarb während der Nachbeobachtung lediglich ein Patient, also eine Sterblichkeit von 10 %. Im Gegensatz dazu sah man bei den 24 Patienten ohne neoadjuvante Therapie 19 Todesfälle und somit eine Sterblichkeit von 79,2 %. Von den 24 Patienten mit lediglich operativer Therapie bekamen 22 Patienten ein Rezidiv (91,7 %), im Durchschnitt nach 29 Monaten. Von den zehn Patienten mit neoadjuvanter Therapie bekamen sieben Patienten ein Rezidiv (70 %), wobei dies im Durchschnitt nach 22 Monaten auftrat. Jedoch zeigte sich dieser Unterschied als statistisch nicht signifikant (p 0.628). Daher muss man sich als Fazit auch hier den Vorautoren anschließen und auf weitere Arbeiten und Studien in dieser so seltenen Tumorart verweisen und hoffen. Insgesamt war das hier beschriebene Patientenkollektiv - selbst als Sarkomzentrum - zu klein, um eine fundierte und leitliniengerechte Aussage zur optimalen Therapie des retroperitonealen Liposarkoms zu treffen. Sie bietet jedoch die Chance, eine Empfehlung nach oben genannten Ergebnissen auszusprechen, nach welcher - zum heutigen Stand - auch im UKT weiterhin verfahren wird. Abschließend lässt sich somit folgende Aussage zur Therapie der retroperitonealen Liposarkome sowie auch zur „Rolle der adjuvanten bzw. neoadjuvanten Therapie bei der Primärmanifestation und beim Rezidiv“ treffen: Unbestritten ist die Operation des Liposarkoms, so radikal operativ wie nötig, so organsparend wie möglich mit maximalem Organschutz. Ferner sollte die Operation ergänzt werden um eine zusätzliche neoadjuvante Therapie, eventuell als Kombination aus Radio- und Chemotherapie, nach optimalerweise interdisziplinärer Begutachtung des jeweiligen individuellen Falls mit all seinen in dieser Arbeit genannten Kriterien.